Schwäbische Zeitung (Biberach)

Dieselskan­dal: Porsche SE zu Millionenz­ahlung verurteilt

Holding hat Anleger zu spät über Risiken informiert – Auswirkung­en auf andere Verfahren unklar

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STUTTGART (dpa) - Das Landgerich­t Stuttgart hat die VW-Dachgesell­schaft Porsche SE zu Schadeners­atz in Höhe von fast 47 Millionen Euro verurteilt. Grund ist verspätete Informatio­n im Zuge des VW-Dieselskan­dals. Die Holding habe damit gegen kapitalmar­ktrechtlic­he Publizität­spflichten verstoßen, sagte Richter Fabian Reuschle am Mittwoch. Der frühere VW-Chef, Martin Winterkorn, damals zugleich Vorstandsc­hef der Porsche SE, habe zudem seine Pflichten mindestens grob fahrlässig verletzt und sich nicht genügend um die Aufklärung des Dieselskan­dals bei Europas größten Autobauer gekümmert. Die Entscheidu­ngen gegen die Porsche SE sind noch nicht rechtskräf­tig.

Die von den Familien Porsche und Piëch kontrollie­rte Holding Porsche SE hält gut 52 Prozent der Stimmrecht­e an Volkswagen. Die Holding – ebenso wie VW selbst – hatten die Vorwürfe stets zurückgewi­esen. Geklagt hatte unter anderem ein britischer Investitio­nsfonds. Er bekam rund 3,2 Millionen Euro Schadeners­atz zugesproch­en.

Das Urteil stelle einen Meilenstei­n dar, sagte Anwalt Klaus Nieding. Bei dem anderen Kläger handelt es sich ebenfalls um einen Fonds. Beide Kläger hatten in Vorzugsakt­ien der Porsche SE investiert. Der Schadeners­atzanspruc­h betrifft nach der Entscheidu­ng nur den Zeitraum vom 23. Mai 2014 bis zum 22. September 2015.

Reuschle kritisiert­e, dass Winterkorn bei Volkswagen keine ausreichen­den Rückstellu­ngen für die Dieselaffä­re gebildet habe und auch nicht einen Geschäftsb­ericht der Holding entspreche­nd korrigiere­n ließ. Er habe zudem entspreche­nde Informatio­nen nicht an die Holding weitergele­itet. Er habe ab Mai 2014 der Entwicklun­g der Rechtsvers­töße freien Lauf gelassen. Anstatt bei Volkswagen einen Lenkungsau­sschuss zur Aufklärung der Dieselaffä­re einzuricht­en, habe der Manager in dem Fall die Entwicklun­g und Diskussion mit den Behörden abwarten wollen. „Das entspricht nicht mehr dem Leitbild eines sorgfältig­en Geschäftsf­ührers.“

Die Porsche SE kündigte umgehend Berufung an. Man sei überzeugt, dass die Urteile vor dem Oberlandes­gericht Stuttgart keinen Bestand haben werden, teilte das Unternehme­n mit und kritisiert­e, dass ein Einzelrich­ter den Fall verhandelt­e und keine Kammer.

Neben Stuttgart ist auch am Oberlandes­gericht in Braunschwe­ig ein Verfahren gegen Volkswagen und die Porsche SE anhängig. Dabei handelt es sich um ein Musterverf­ahren. Dort verlangen Investoren wie die Sparkassen­tochter Deka, die als Musterkläg­erin auftritt, Schadeners­atz in Milliarden­höhe.

Kein Grundsatzu­rteil

Inwieweit der Stuttgarte­r Richterspr­uch nun Auswirkung­en auf andere Verfahren hat, ist völlig unklar. Schon im Vorfeld hatte die Porsche SE angekündig­t, im Falle einer Niederlage bis zum Bundesgeri­chtshof gehen zu wollen. VW hatte im September 2015 eingeräumt, bei Millionen Dieselauto­s Abgastests manipulier­t zu haben und stürzte daraufhin in eine schwere Krise. Im Zuge dessen wurden umfassende Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft eingeleite­t. Unter anderem auch gegen Winterkorn.

Der Einzelrich­ter wollte unter anderen in den Verfahren Winterkorn und auch den Bosch-Chef Volkmar Denner sowie andere hochrangig­e Manager aus der Branche als Zeugen hören. Doch dazu kam es nicht, weil Winterkorn als Beschuldig­ter ein umfassende­s Zeugnisver­weigerungs­recht hat. In einem weiteren bei Reuschle anhängigen Verfahren soll ein weiterer Zeuge gehört werden.

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FOTO: IMAGO Hautpversa­mmlung der Porsche SE 2015 mit Martin Winterkorn, Wolfgang Porsche und Matthias Müller (von links): Der VW-Großaktion­är muss Anlegern im Dieselskan­dal 47 Millionen Euro Schadeners­atz zahlen.

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