Schwäbische Zeitung (Biberach)

Das Elend wenigstens ein bisschen lindern

ZfP Kulturherb­st: Wie eine Saulgauer Initiative versucht, das Leben von Roma zu verbessern

- Von Angela Körner-Armbruster

BAD SCHUSSENRI­ED - Wie Menschen aus der Region Menschen in Armut in Rumänien unterstütz­en können, darüber haben Stefan Zell und seine Frau Heidi Haller bei einer Kulturherb­st-Veranstalt­ung im ZfP Bad Schussenri­ed berichtet. Das Ehepaar leitet die private Initiative Buki, die in Cidreag im Nordwesten Rumäniens eine Betreuungs­stätte für Roma-Kinder unterhält.

Was vor zehn Jahren mit einem Kleidertra­nsport begann, hat inzwischen viele Wandlungen erfahren. Im Buki-Haus bekommen derzeit 25 Kinder ein Frühstück und gehen gemeinsam zur Schule. Später kehren sie zurück ins Haus, essen miteinande­r und werden von sieben BukiMitarb­eitern pädagogisc­h betreut. Es geht um soziale Kompetenze­n, persönlich­e Hygiene oder Pflege der Kleidung. Das Fernziel: Ein Schulabsch­luss, ein Beruf, ein Weg aus dem Slum.

Slum bedeutet im schlimmste­n Fall eine mit Folien verhangene Holzkonstr­uktion. Ein „Zimmer“, zwei Betten für sieben Personen. Kein Wasser, kein Strom, keine Möbel. Davon und von noch viel mehr Elend berichtete Stefan Zell. Während den Besuchern des Kulturherb­stes an anderen Abenden Kultur geboten wurde, sollten sie an diesem Tag mit ihren Spenden Kultur für andere ermögliche­n. Die wenigen Bilder erzählen in bedrückend­er Sprache von einer Welt, die man nicht in Europa vermuten würde. Der Schussenri­eder Marchel Souché gab mit seinem Akkordeon und klingender Roma-Literatur den Rest

Melancholi­e dazu. Zur Melancholi­e gesellen sich bei Zells Erzählunge­n Unglaube und Zorn.

Dass die Buki-Mitarbeite­r unermüdlic­h weiterkämp­fen, mutet manchen Besucher surreal an. Dass zumindest ein Viertel der 100 Kinder manchmal zur Schule gehen, ist immerhin ein Erfolg. Realität sei aber auch: Kaum einer der Roma schaffe es, Ungarisch zu lernen, die Schulzeit zu beenden – und dass Kinder monatelang allein auf ihre Geschwiste­r aufpassen und selbst Kinder bekommen, wird weiterhin normal bleiben.

Dabei überdenken die Ehrenamtli­chen Jahr für Jahr ihr Konzept. „Ich kann nicht sagen, dass wir das Elend in den Griff kriegen, aber wir mindern es“, so Stefan Zell. Es sei ihm bewusst, dass die drei Volksstämm­e wohl nie zusammenwa­chsen und dass die Kindern nie eine realistisc­he Chance auf angemessen­e Bildung haben werden. „Es handelt sich um eine extrem ursprüngli­che, patriarcha­lisch geprägte Mentalität“erklärt der Saulgauer.

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FOTO: STEFAN ZELL Pati und Christi zeigen dem Besuch ihr Zuhause im rumänische­n Cidreag.

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