Schwäbische Zeitung (Biberach)

Rippe angebroche­n? Es ist die WM vor der Heim-WM!

Marcel Nguyen geht in Doha gehandicap­t aufs Podium und turnt doch an allen sechs Geräten

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DOHA (SID) - Marcel Nguyens sechs Jahre altes Tattoo ist kurz vor seinem ersten Auftritt bei der Kunstturn-WM in Doha aktueller denn je. „Schmerz ist vorübergeh­end, Stolz ist für immer“prangt auf Englisch auf der muskulösen Brust des Routiniers. Nguyen muss sich jetzt selbst beim Wort nehmen, eine angebroche­ne Rippe behindert und stört den Unterhachi­nger, der am Freitag (13.30 Uhr) nach mehrjährig­er Pause als Mehrkämpfe­r auf die internatio­nale Bühne zurückkehr­t.

„Diese Verletzung macht ihm schon ziemlich zu schaffen. Aber ich bin zuversicht­lich, dass Marcel sich durchbeißt“, sagt Bundestrai­ner Andreas Hirsch. Sieben Weltmeiste­rschaften binnen 13 Jahren haben Nguyen und Hirsch gemeinsam absolviert, der Chefcoach konnte sich immer auf seinen Lieblingss­chüler, die „asiatische Leichtbauw­eise Mensch“, wie er ihn gern nennt, verlassen.

Der mittlerwei­le 31-Jährige, der seine gleichaltr­igen Mitstreite­r Fabian Hambüchen und Philipp Boy aus dem goldenen 1987er-Jahrgang als Wettkämpfe­r längst „überlebt“hat, hat sich sogar von Hirsch in die Pflicht nehmen lassen, wieder an allen sechs Geräten zu turnen – das beinahe schon verhasste Pauschenpf­erd eingeschlo­ssen. Was noch mehr Training verlangt ...

Aber der Unterhachi­nger, bei Olympia 2012 in London als „best of the rest“hinter Jahrhunder­tturner Kohei Uchimura aus Japan mit Mehrkampf-Silber dekoriert, hatte auch keine andere Wahl: Hirsch braucht den Ausnahmeat­hleten mit vietnamesi­schen Wurzeln im Sechskampf für gute Teamresult­ate. Am besten schon in Doha, vor allem aber bei der HeimWM im kommenden Jahr in Stuttgart.

Für den dort seit Jahren trainieren­den Turner schon jetzt ein Anlass zur Vorfreude, denn die Welttitelk­ämpfe 2007 an gleicher Stelle waren erster Karrierehö­hepunkt für den damals 20-Jährigen. Gekrönt mit Mannschaft­sbronze – und mit einer emotionale­n Siegerehru­ng auf dem Stuttgarte­r Schlosspla­tz als Zugabe. Marcel Nguyen: „Das war ein Highlight, das immer in meinem Kopf bleiben wird.“Unbekümmer­t und unerschroc­ken mischte Nguyen seinerzeit die Weltelite auf, die turnüblich­en schweren Verletzung­en kamen später: Fußbruch, Kreuzbandr­iss, kleinere Wehwehchen – der zweimalige Barren-Europameis­ter musste lernen, mit gesundheit­lichen Rückschläg­en umzugehen, stets gelang es ihm. Was ist dagegen schon eine angeknacks­te Rippe. Doppel-Olympiasie­ger und Rekordwelt­meister Kohei Uchimura geht gehandicap­t in die Turn-WM. Der Japaner hat im Training eine Sprunggele­nksverletz­ung am rechten Knöchel erlitten und muss daher in Katars Hauptstadt auf jeden Fall auf Sprung und Boden verzichten. Damit ist für den 29-Jährigen der siebte WM-Titel im Mehrkampf nicht möglich.

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FOTO: DPA Schmerz ist vorübergeh­end: Marcel Nguyen.

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