Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kutter sagt den Filmfestsp­ielen Adieu

Festivalgr­ünder gibt Intendanz an seine Ehefrau Helga Reichert ab.

- Von Gerd Mägerle www.schwäbisch­e.de/ bc-filmfestsp­iele2018

BIBERACH - Die 40. Biberacher Filmfestsp­iele waren die letzten in der Verantwort­ung von Festivalgr­ünder Adrian Kutter. Der 75-Jährige hat am Sonntagabe­nd bei der Preisverle­ihung in der Stadthalle bekannt gegeben, dass er sein Amt als Intendant niederlege­n wird. Nachfolger­in soll seine Ehefrau Helga Reichert werden. Sie habe den Vorstand des Filmfestve­reins, der das Festival organisier­t, mit ihren Gedanken und Zielen zur Weiterentw­icklung der Filmfestsp­iele überzeugt, heißt es in einer am Sonntag veröffentl­ichten Pressemitt­eilung.

Bei der Preisverle­ihung am Sonntagabe­nd gehörte die Bühne der Stadthalle aber noch einmal Adrian Kutter. Den Gedanken, sich aus der Verantwort­ung für das Festival zurückzuzi­ehen, trage er schon länger in sich, sagte Kutter vorab im Gespräch mit der SZ: „Im Februar habe ich während der Berlinale meinen 75. Geburtstag gefeiert und mich gefragt: Wie lange geht das noch so weiter?“Zur Berlinale und deren Intendante­n Dieter Kosslick habe er eine lange und gute Beziehung, so Kutter. „Kosslick hört im Frühjahr 2019 auf, da wäre es für mich doch auch ein guter Zeitpunkt, jetzt aufzuhören“, habe er sich überlegt.

„Festival ist so erfolgreic­h wie nie“

Im März habe er den Vorstand des Vereins Biberacher Filmfestsp­iele darüber informiert, dass er das Amt des Intendante­n abgeben wolle, so Kutter: „Der Zeitpunkt jetzt ist genau der richtige.“Er wolle auf dem Höhepunkt abtreten. „Wenn ich jetzt weitermach­e, bin ich irgendwann 80 und dann wird es peinlich. Außerdem ist das Festival so erfolgreic­h wie noch nie“, so Kutter zur SZ. Die Zahlen seien konstant gut, das Publikum sei begeistert und die Filmschaff­enden kämen gerne und schätzten Biberach. „Jetzt aufzuhören, ist ein wunderbare­r

Moment“, so

Kutter, der die Filmfestsp­iele 1979 ins Leben rief. Wert legt er darauf, dass der Schritt nichts mit seiner Gesundheit zu tun habe: „Ich bin nicht krank. Ich fühle mich geistig und körperlich topfit.“

Der Vorstand des Vereins Biberacher Filmfestsp­iele zeigte sich dankbar über die rechtzeiti­ge Informatio­n Kutters. „Seine Entscheidu­ng nehmen wir mit größter Dankbarkei­t und Respekt an“, heißt es in einer Pressemitt­eilung. Man sei sich im Vorstand einig, das Alleinstel­lungsmerkm­al der Biberacher Filmfestsp­iele als reines Publikumsf­estival nicht verändern zu wollen.

Die Intendante­nstelle sei für die Organisati­on und den Erfolg der Filmfestsp­iele von entscheide­nder Bedeutung. „Die Intendanz verantwort­et die Filmauswah­l und lädt die Filmschaff­enden sowie die Jurymitgli­eder ein. Zudem ist die Intendanz verantwort­lich für Kontakte in die gesamte Filmbranch­e“, so der Vorstand.

Daher sei eine hohe Vertrauens­ebene zwischen dem Intendante­n und

Adrian Kutter über seinen Abschied von den Biberacher Filmfestsp­ielen

dem Vorstand notwendig. „Dies sah der Vorstand im Falle der Bestellung einer dem Vorstand unbekannte­n Person mit Bedenken an“, heißt es in der Mitteilung des Vereins.

Aufgrund ihrer bisherigen Mitarbeit bei den Filmfestsp­ielen sei die Idee entstanden, mit Helga Reichert über eine mögliche Übernahme der Intendanz zu sprechen. Sie begleitet als Ehefrau von Adrian Kutter die Biberacher Filmfestsp­iele seit fast zehn Jahren im Hintergrun­d.

Helga Reichert habe mit ihren Gedanken und Zielen zur Weiterentw­icklung der kommenden Filmfestsp­iele den Vorstand überzeugen können. „Nach einem intensiven Diskussion­sprozess bot ihr der Vorstand die Stelle der Intendanz an“, teilt der Verein mit.

Für Anfragen und wichtige Kontakte in die Filmwelt sowie dem Besuch von bereits Anfang 2019 stattfinde­nden Filmfestiv­als sei eine besetzte Intendante­nstelle die Voraussetz­ung für einen reibungslo­sen Übergang zum Erhalt der Filmfestsp­iele. Helga Reichert übernimmt den Posten zunächst kommissari­sch bis zur nächsten ordentlich­en Mitglieder­versammlun­g. Um diese neue Entwicklun­g zu erläutern und darzustell­en, soll es im Januar 2019 eine außerorden­tliche Mitglieder­versammlun­g geben, teilt der Verein mit. „Der Vorstand ist sich sicher, mit Helga Reichert die erfolgreic­hen Biberacher Filmfestsp­iele im Sinne der Vereinszie­le, des Publikums und aller Beteiligte­n gut weiterentw­ickeln zu können.“

Seit zehn Jahren unterstütz­t

Dass seine Ehefrau Helga nun die Nachfolge antritt, findet Adrian Kutter gut, befördert habe er das Ganze jedoch nicht. Er traue ihr die Arbeit ohne Weiteres zu. „Sie ist gelernte Juristin, hat ihre Schauspiel­ausbildung in Köln gemacht, dort 15 Jahre am Theater gespielt und hat mich in den vergangene­n zehn Jahren schon bei den Filmfestsp­ielen begleitet und unterstütz­t – sowohl in der Vorbereitu­ng als auch bei den Moderation­en“, sagte Adrian Kutter im SZ-Gespräch.

Im Übrigen kenne seine Frau auch die Spezifika des Biberacher Festivals. „Einer, der von außen kommt, hätte es da sicher schwerer.“Und ein weiterer Punkt spricht aus Kutters Sicht für die jetzige Lösung: „Wir können einen Profi von außen, der das erledigen soll, was ich bislang ehrenamtli­ch mache, gar nicht bezahlen.“

Dass der Verein die Intendante­nstelle nicht ausgeschri­eben habe, sei in der Branche nichts Außergewöh­nliches. „Auch bei anderen wichtigen Festivals ist das nicht üblich“, so Adrian Kutter.

„Der Zeitpunkt jetzt ist genau der richtige.“

Weitere Berichte, Fotos und Videos von den Filmfestsp­ielen unter:

 ?? FOTO: GEORG KLIEBHAN ??
FOTO: GEORG KLIEBHAN
 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Abschied von der Bühne der Filmfestsp­iele: Adrian Kutter (hier bei der Eröffnung am Dienstag) gibt das Amt als Intendant des von ihm gegründete­n Festivals ab. Nachfolger­in wird seine Frau Helga Reichert.
FOTO: GERD MÄGERLE Abschied von der Bühne der Filmfestsp­iele: Adrian Kutter (hier bei der Eröffnung am Dienstag) gibt das Amt als Intendant des von ihm gegründete­n Festivals ab. Nachfolger­in wird seine Frau Helga Reichert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany