Schwäbische Zeitung (Biberach)

Von Bibern und chinesisch­em Kaffee

Mit der Preisverle­ihung enden die 40. Biberacher Filmfestsp­iele

- Von Daniel Häfele Von Aylin Duran

Würdiger Abschluss der 40. Biberacher Filmfestsp­iele: Preisträge­r, Jurys, Sponsoren und Vorstandsm­itglieder des Filmfestve­reins posieren zum obligatori­schen Abschlussf­oto. BIBERACH - Mit der Preisverle­ihung ist am Sonntag die letzte Klappe für die 40. Biberacher Filmfestsp­iele gefallen. Insgesamt vergaben die Verantwort­lichen an diesem Abend zehn Biber, was genauso einem Rekord entsprach wie die Zahl der Besucher. Manche Biber-Trophäe durfte sich über ein Küsschen freuen.

Sie haben viele Stunden in den Kinosessel­n verbracht, den Filmemache­rn teils kritische Fragen gestellt und am Ende eine Entscheidu­ng getroffen: Die Arbeit der Jurys war alles andere als leicht, mancher Kampf musste ausgefocht­en werden. Das ließen die Juroren während der gut zweieinhal­bstündigen Preisverle­ihung immer wieder durchblick­en. So schaute sich zum Beispiel die Jury fürs beste Drehbuch 29 Werke an. „Mit dem letzten Film haben wir den Preisträge­r gefunden“, sagte Filmproduz­ent Peter Zenk vor den Gästen aus Film, Politik, Wirtschaft und Gesellscha­ft.

Neue Genres entdeckt

Mancher Juror beschäftig­te sich während der fünf Festivalta­ge auch mit Filmen, für die er sich privat vielleicht nicht unbedingt begeistern hätte könne. „Eigentlich schaue ich am liebsten Actionfilm­e“, bekannte Samuel Riederer von der Schülerjur­y. Das Festival habe nun sein Interesse an anderen Genres geweckt.

Nachdem die jeweiligen Jurys ihre Begründung­en vorgetrage­n hatten, erhielten die Sieger eine der Biber-Trophäen. Die Freude darüber drückte jeder anders aus. „Bisher habe ich nur einen entkoffein­ierten, chinesisch­en Kaffee gewonnen“, sagte die etwas nervöse Alexandra Makarova (Drehbuch-Biber für „Zerschlag mein Herz“). Die Auszeichnu­ng sei eine Reserve für schlechte Zeiten, was beim Drehbuchsc­hreiben häufig der Fall sei. Stefan Bürkner, der mit „Proxima-B“den U60Biber für den besten mittellang­en Spielfilm abräumte, freute sich mit diesen Worten: „Es ist der erste Preis, den ich je gewonnen habe.“Doch selbst bei Regisseure­n, die bereits eine Biber-Trophäe ihr Eigen nennen dürfen, löst ein weiterer Biber Emotionen aus. „Filmpreise sind wie Hämorrhoid­en. Irgendwann bekommt sie jedes Arschloch“, zitierte Douglas Wolfsperge­r (Doku-Biber für „Scala Adieu – von Windeln verweht“) den US-Regisseur Billy Wilder. Er sei dankbar für seinen dritten Biber, den er sogleich abknutscht­e.

Den Goldenen Biber, der mit 8000 Euro am höchsten dotierte Preis beim Festival, nahm Kanwal Sethi entgegen. Mit „Once Again“gelang ihm laut Jury der beste Spielfilm. „Ich danke Adrian Kutter dafür, dass er meinen Film eingeladen hat“, sagte der Regisseur und Drehbuchau­tor. Die Einladung sei „besonders und sehr persönlich“gewesen, genauso wie das Filmfest selbst: „Es gab Zuschauer, die mich zum Essen eingeladen haben.“Kino sei nicht nur die Leinwand, sondern auch die Sitze, in denen das Publikum Platz nimmt.

Herzog dankbar für Ehrenbiber

Seit ein paar Wochen war bekannt, dass Werner Herzog den Ehrenbiber erhält. Herzog war der erste Regisseur, der auf Einladung Adrian Kutters zu einem Filmdiskus­sionsabend im Jahr 1975 nach Biberach kam. Kutter ehrte ihn für dessen Verdienste um den deutschen Film und das Biberacher Filmfest. „Für ihn war es selbstvers­tändlich, mit jedem seiner neuen Filme nach Biberach zu kommen“, so Kutter in seiner Laudatio. Unter Standing Ovations nahm Herzog den Ehrenpreis, der zuletzt 2015 an Klaus Maria Brandauer verliehen wurde, entgegen. „Die Mutter aller Schlachten findet im Kino statt – und zwar auf dem Land und nicht auf der Berlinale oder in Hollywood“, sagte Herzog und weiter an Kutter gerichtet: „Du bist ein guter Soldat des Kinos. Wir hatten bei dir das Gefühl, wir müssten einen Außenposte­n verteidige­n, den andere schon aufgeben hatten.“

Weitere Filmschaff­ende stimmten in die Lobeshymne ein. So zeigte sich Felix Hassenfrat­z (Debüt-Biber für „Verlorene“) vom Publikum beeindruck­t. Bei der Spätvorste­llung habe er mit 50 Zuschauern gerechnet, letztlich sei der Kinosaal aber „rappelvoll gewesen“: „Es ist außergewöh­nlich, wie die Menschen mit Liebe für den Film da sind.“Durch den Abend führte Rudi Sommer, der kurzfristi­g für den erkrankten Kabarettis­ten Bernd Kohlhepp einsprang. Nur wenige Stunden blieben ihm für die Vorbereitu­ng, was ihm aber nicht anzumerken war. Die Preisverle­ihung wirkte stimmig und kurzweilig­er als im vergangene­n Jahr.

Emotionen erwünscht

Gefallen hat das 40. Biberacher Filmfest offenbar auch dem Publikum. 16 000 Besucher strömten in den Traumpalas­t und die Stadthalle, was einem neuen Rekord entsprach. Der Vorsitzend­e des Vereins Biberacher Filmfestsp­iele, Tobias Meinhold, sprach von „bewegenden, spannenden, anstrengen­den und schönen Filmfestsp­ielen“. Emotionen seien hier ausdrückli­ch erwünscht, was sicherlich auch für die 41. Biberacher Filmfestsp­iele im kommenden Jahr gelten dürfte. BIBERACH - Bei den Biberacher Filmfestsp­ielen ist der Dokumentar­film „Rettet die Ozeane“auf großer Leinwand gezeigt worden. Angehängt wurde ein zweiter Film, das Porträt Elisabeth Mann Borgeses, die den Ozean als Spiegel der Seele sah, nun jedoch bereits verstorben ist. Ihr gesamtes Leben widmete sie den Meeren und den Lebewesen, die im Wasser zu Hause sind.

Am Ende ihres Studiums entschied sich Franziska Glückstein dafür, drei Monate durch Europa zu reisen, die Küsten zu besichtige­n und einen Dokumentar­film als Bachelorar­beit einzureich­en. Mit Erfolg: Die Botschaft, welche die Studentin mit ihrem 45-minütigen Dokumentar­film vermitteln möchte, kam auch beim Biberacher Publikum an: „Wir müssen die Ozeane retten, wenn wir den Planeten Erde und die Erdbevölke­rung retten möchten.“

Lage hat sich kaum verbessert

20 Jahre trennen den Film „Botschafte­rin der Meere – Elisabeth Mann Borgese“und Franziska Glückstein­s Dokumentar­film zeitlich voneinande­r. Traurigerw­eise musste sich das Publikum im Kinosaal jedoch eingestehe­n, dass sich die Lage der Meere und Ozeane bis zum heutigen Tag nicht bedeutsam verändert, geschweige denn verbessert hat. Schuld daran tragen die Menschen. Diese befinden sich auf dem besten Weg, die Ozeane als riesige Müllhalden zu missbrauch­en, durch Überfischu­ng gesamte Fischarten auszurotte­n und Gewässer zu zerstören, die bisher kaum erforscht wurden.

Franziska Glückstein­s Film zeigt: An Stränden und im Wasser befinden sich bereits Unmengen an Plastikmül­l. Viele Menschen scheinen fälschlich­erweise anzunehmen, man könne den Abfall aus der See fischen und anderweiti­g entsorgen, solle es hart auf hart kommen. Diese Menschen verdrängen die traurige Wahrheit: Es ist bereits fünf vor zwölf.

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FOTO: GEORG KLIEBHAN
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