Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Raben als einzige Freunde

Das „Theater ohne Namen“präsentier­t sein Stück „Schwarzer Vere“

- Von Gerd Mägerle www.schwäbisch­e/ vere-theater

FÜRAMOOS - 200 Jahre ist es her, dass Franz Xaver Hohenleite­r, genannt der Schwarze Vere, mit seiner Räuberband­e Oberschwab­en in Angst und Schrecken versetzte. Auf unterschie­dliche Weise wird in den kommenden Monaten daran erinnert werden. Einen Beitrag dazu leistet auch das „Theater ohne Namen“unter der Leitung von Peter Schmid. „Schwarzer Vere – eine rabenschwa­rze Geschichte“lautet der Titel des Stücks, das Schmid selbst geschriebe­n hat. Es feierte am Freitagabe­nd im Rössle in Füramoos Premiere.

Schon die erste Szene zeichnet den Lebensweg des Vere vor. Unter Qualen bringt ihn die Mutter in dunkler Nacht zur Welt, nur vier schwarze Raben sind Zeugen, und der besoffene Pfarrer weigert sich, „den schwarzen Teufel“zu taufen und besprengt ihn mit Hochprozen­tigem statt mit Weihwasser.

Schmid beschreibt in seinem Theaterstü­ck die zwei Lebenswelt­en zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts: Hier die reichen schwäbisch­en Bauern, die ihre Kühe, ihre Milch und ihr Getreide preisen. „Ein Prosit auf unser Leben, das es gut mit uns meint!“, rufen sie. Dort die Verarmten, die Vagabunden, die Hungerleid­er, die keine Chance haben, auch nur eine kleine Form von Wohlstand zu erreichen. „Es stinkt in unserem Lande, es ist nicht zum Aushalten“, sagen die Hirtenkind­er und meinen damit nicht nur Kuhgülle.

„Unser Beruf ist das Stehlen“

So wie die schwarzen Raben sich zu Schwärmen zusammentu­n und sich von Aas ernähren, so schart der Schwarze Vere (Raffael Schmid) andere Gescheiter­te um sich, die der Hunger quält. „Unser Beruf ist das Stehlen“, verkündet die Günzburger Cresenz (Shirin Schäle), eine der Räuberfrau­en, zu Beginn, als die Bande es noch genießt, frei zu sein. Sie nutzt die Grenzen der süddeutsch­en

Kleinstaat­en geschickt, um der Festnahme zu entgehen.

Weil der Vere und seine Räuber bei ihren Raubzügen nicht nur gewitzt, sondern bisweilen auch brutal vorgehen, steigt die Hysterie in der Bevölkerun­g. Am Ende werden sie schließlic­h doch gefasst. Während die einen fordern, sie wieder laufen zu lassen („sie einzusperr­en kostet nur Geld“), wollen andere, dass man die ganze Bande öffentlich auf dem Biberacher Marktplatz aufhängt.

Am Ende sitzen die Räuber, verteilt auf verschiede­ne Verliese in Biberach, in ihren Zellen. „Aus diesem verdammten Höllenhaus, woll’n wir

raus“, rappen der Vere und die Seinen in einer der stärksten Szenen der Aufführung. Der Vere wünscht sich, er wäre ein Vogel, so wie seine Rabenfreun­de, und könnte in die Freiheit fliegen. Es kommt anders: Während eines Gewitters erschlägt ihn der Blitz in seiner Zelle. Und so ist es nur seine schwarze Seele, die am Ende des Stücks mit den Raben gen Himmel fliegt. Das „Theater ohne Namen“versucht mit dem Stück, die tragische Seite im Leben des Vere und seiner Räuber herauszust­ellen, im Gegensatz zu den romantisie­renden Gemälden von Johann Baptist Pflug. Das gelingt in großen Teilen. Schön

Rapgesang des Schwarzen Vere im Theaterstü­ck

auch der Kniff, ein Raben-Quartett (Tina Köppe, Susanne Pfender-Gawatz, Anika Raendchen und Günter Heider) durch die Handlung führen zu lassen. Herausford­ernd war für die Schauspiel­er, dass einer der Darsteller kurzfristi­g erkrankt war und deshalb ein anderer spontan einspringe­n musste. Am Ende meisterte die Truppe das aber gekonnt. Herausrage­nd und auflockern­d sind die Songs und musikalisc­hen Einlagen von Peter Zoufal und Albert Bücheler. Mit einem gefeierten Räuberlied­er-Medley zum Schluss schlagen sie auch wieder den Bogen zur heutigen Verklärung des Räuberlebe­ns in damaliger Zeit.

„Aus diesem verdammten Höllenhaus, woll’n wir raus.“

Weitere Fotos vom Theater gibt es unter

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FOTO: GERD MÄGERLE Der Schwarze Vere (Raffael Schmid, links) schart seine Bande um sich.

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