Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kinderlose aller Länder, vereinigt euch!
Man darf Menschen, die mit schweren Handicaps durchs Leben kommen müssen, nie unterschätzen. Es ist bekannt, dass klein gewachsene Männer ungeahnten Ehrgeiz entwickeln können, es der ignoranten, in anderen Luftschichten operierenden Konkurrenz zu zeigen. Nun ist Jens Spahn alles andere als klein gewachsen, aber auch er hat ein schweres Schicksal zu meistern. Der Gesundheitsminister ist in Ahaus-Ottenstein irgendwo in den Tiefen des Westmünsterlandes geboren, und wahrscheinlich hört sich das nicht zufällig an wie Oggersheim, die Heimat Helmut Kohls, oder Quitzow, wohin Angela Merkel nach ihrer Geburt verschleppt wurde.
Dieser Spahn wird langsam unheimlich. Als der junge Überflieger seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz verkündete, hatten wir aufgeatmet und gedacht: Okay, der Mann ist jetzt damit beschäftigt, seine Kanzlerwerdung in die Wege zu leiten, vor dem haben wir erst mal Ruhe. Von wegen. Spahn kann Multitasking und nimmt Kinderlose aufs Korn. Weil sie nicht reproduziert haben, sollen sie mehr bezahlen. Hat dem Mann keiner gesagt, dass Kinderlose ein Segen für die Gesellschaft sind? Sie produzieren keine Drogensüchtigen, müssen nie mit dem Geländewagen zur Klavierstunde fahren, nerven keine Lehrer beim Elternabend, sind ausgeschlafen und nervlich in ausgezeichneter Verfassung, sodass sie viel positive Energie in die Gesellschaft tragen. Nur Spahn weiß das nicht; wahrscheinlich wird er bald ein Gesetz auf den Weg bringen, das Kinderlose verpflichtet, eine Niere zu spenden, um die Organtransplantation in Schwung zu bringen. (hü)
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