Schwäbische Zeitung (Biberach)

Merkel fordert Frauen-Parität

100 Jahre Frauenwahl­recht: Diskussion um Wahlreform

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BERLIN/FRIEDRICHS­HAFEN (dpa/ sz) - Hochrangig­e Politikeri­nnen drängen auf eine Erhöhung des Frauenante­ils im Bundestag und in den Länderparl­amenten. „Wir werden auch hier neue Wege bestreiten müssen“, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) am Montag bei einem Festakt zur Einführung des Frauenwahl­rechts vor 100 Jahren. Der Bundestag sei in dieser Legislatur­periode „kein Ruhmesblat­t“. In der Politik müsse genau wie in Wirtschaft, Verwaltung, Wissenscha­ft und Kultur gelten: „Das Ziel muss Parität sein“, sagte die Kanzlerin. Derzeit liegt der Frauenante­il im Bundestag bei 30,9 Prozent.

Vor allem in den Fraktionen von AfD, FDP und CDU/CSU sitze oft „ein Meer von grauen Anzügen“, hatte zuvor Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD) der „Bild am Sonntag“gesagt. „Ändern wird sich das wohl nur durch ein neues Wahlrecht.“Zur Erhöhung des Frauenante­ils könnten Kandidaten­listen der Parteien abwechseln­d mit Männern und Frauen besetzt werden. Eine andere Möglichkei­t wären größere Wahlkreise mit zwei direkt gewählten Abgeordnet­en unterschie­dlichen Geschlecht­s.

Merkel betonte, der Frauenante­il im Bundestag stelle auch sie nicht zufrieden. Ihn zu ändern, sei aber nicht so einfach. Die CDU beispielsw­eise gewinne viele Direktwahl­kreise – wenn Frauen hier mehr Chancen haben sollten, müssten sie schon ganz früh gut platziert werden. „Wir denken da sehr intensiv drüber nach“, sagte die Kanzlerin. Auch in der Unionsfrak­tion wurde die Forderung nach einer Wahlrechts­reform laut.

Die Grünen sprachen sich für eine gesetzlich­e Quote aus. „Von selbst steigt der Frauenante­il im Parlament offensicht­lich nicht“, kritisiert­en Parteichef­in Annalena Baerbock und die frauenpoli­tische Sprecherin Gesine Agena. Die Grünen haben strikte Regeln zur Förderung von Frauen und setzen in Partei und Fraktion auf Doppelspit­zen mit mindestens einer Frau. Von den 67 Grünen-Abgeordnet­en im Bundestag sind 39 Frauen.

Schlusslic­ht Baden-Württember­g

Der Landtag von Baden-Württember­g ist mit einer Frauenquot­e von rund 25 Prozent Schlusslic­ht unter den deutschen Landesparl­amenten. „Das ist ein Problem, dem wir uns stellen müssen“, sagte Landtagspr­äsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei einem Auftritt am Montag im Landratsam­t Friedrichs­hafen. Ähnlich sehe es bei den Stadt- und Gemeinderä­ten aus. In Kreistagen liege der Frauenante­il bei 19 Prozent. Und in kleineren und ländlich geprägten Orten fänden sich noch immer Gemeinderä­te, in denen keine einzige Frau sitze – 26 an der Zahl. In nur jedem zwölften Rathaus leite eine Bürgermeis­terin die Geschäfte, in 35 Landkreise­n gebe es nur drei Landrätinn­en.

Im Kanzleramt seien inzwischen vier von acht Mitarbeite­r im Rang eines Abteilungs­leiters Frauen, sagte Merkel am Montag. „Darauf bin ich ein bisschen stolz.“Dass viele Deutschlan­d nur wegen ihr als Musterland in Sachen Gleichbere­chtigung darstellte­n, möge sie dagegen nicht. „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, sagte Merkel. „Aus der Tatsache, dass es mich gibt, darf kein Alibi werden.“

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FOTO: DPA Angela Merkel in Berlin.

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