Schwäbische Zeitung (Biberach)
Edeka macht Albi-Werk dicht
Nach der Übernahme des Fruchtsaftherstellers aus dem Alb-Donau-Kreis droht jetzt das Aus für rund 70 Beschäftigte
BERGHÜLEN - Das Aus für Albi auf der Laichinger Alb: Nach der Übernahme durch Deutschlands größten Lebensmittelhändler Edeka vor gut einem Jahr kommt jetzt der nächste Schock aus heiterem Himmel für die rund 70 übrig gebliebenen Beschäftigten des Fruchtsaftherstellers Albi mit Sitz in Berghülen im Alb-DonauKreis.
Im ersten Quartal 2019 wird das Werk des einstigen Familienunternehmens laut einer Mitteilung geschlossen. Die Marke Albi soll aber weiterleben. Die Produktion wird demnach schrittweise nach Rostock an den Standort einer weiteren Edeka-Tochter, dem Safthersteller Sonnländer, verlagert.
Die Zukunft der Mitarbeiter ist derzeit noch ungewiss. Die Gewerkschaft hofft, dass noch nicht alle Arbeitsplätze auf der Alb verloren sind. Edeka will sich nach eigenen Angaben „umgehend“um die Zukunft der Beschäftigten kümmern und mit dem Betriebsrat die Gespräche über einen Sozialplan und Interessensausgleich aufnehmen. Weitergehende Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Gesellschaften des EdekaVerbunds auch in der Region würden demnach derzeit geprüft, ebenso die Möglichkeit einer Transfergesellschaft: „Wir werden uns bemühen, Lösungen für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden“, so der Lebensmittelhändler.
Für Berghülens Bürgermeister Bernd Mangold ist die Schließung des mit Abstand größten Arbeitgebers schon jetzt eine „Katastrophe“– nicht nur für die Beschäftigten, sondern für die gesamte Gemeinde. Die komplette Infrastruktur sei auf Albi ausgerichtet: Wasserbedarf, Gebühren und vieles mehr. „Das zieht einen Rattenschwanz von Konsequenzen nach sich“, so Mangold.
Bei einer Betriebsversammlung am Freitag ist die Belegschaft von der Geschäftsführung informiert worden. Der im Mai erstmals gewählte Betriebsrat hatte nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“erst eine Stunde vor der Versammlung vom Albi-Aus erfahren. Damit sei so plötzlich nicht zu rechnen gewesen, heißt es aus Mitarbeiterkreisen. Ende Oktober sei noch besprochen worden, welche weiteren Investitionen am Standort getätigt werden sollen, berichtet Karin Brugger, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Auch Berghülens Bürgermeister hatte so etwas nicht geahnt. „Mir gegenüber hat Edeka gesagt, sie wollen am Standort festhalten“, sagt er. Woher der plötzliche Sinneswandel kommt, teilte der Lebensmittelhändler auch auf Nachfrage nicht mit. Nur so viel: „Die intensive Prüfung aller Möglichkeiten in den letzten zwölf Monaten hat ergeben, dass sich der Betrieb des Standorts nicht wirtschaftlich aufrechterhalten lässt.“
Geringe Investitionen
Im Dezember 2017 hatte Edeka Albi mit rund 130 Beschäftigten übernommen. Dem damals von Imanuel Friedrich Rösch in der dritten Generation geführten Unternehmen drohte die Insolvenz. Nur durch die kurzfristige Übernahme durch Edeka konnte die Produktion aufrechterhalten werden.
Doch auch danach scheint sich die Situation im 1928 gegründeten Unternehmen nicht gebessert zu haben. Discounter, die bis dahin AlbiSäfte in den Regalen stehen hatten, sprangen ab. Auch eine Rabattaktion bei der Edeka-Tochter Netto brachte offenbar nicht die erwünschten Effekte. Zwar habe Edeka in Berghülen investiert, aber nur so viel, dass der Betrieb aufrechterhalten und mit der Produktion von Sonnländer kompatibel gemacht werden könne, sagt Karin Brugger von der NGG. Sie will den Kampf um die Stellen in Berghülen noch nicht aufgeben und fordert von Edeka die Offenlegung der wirtschaftlichen Prüfung. „Und dann muss man sich unterhalten und schauen, ob nicht ein Teil der Mannschaft gerettet werden kann“, sagt sie.
Die Ulmer CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer, die kurz vor der Übernahme durch Edeka das Albi-Werk in Berghülen besucht hatte, bedauert die Schließung. „Wir verlieren damit nicht nur einen Produzenten heimischer Lebensmittel, sondern auch ein Traditionsunternehmen“, sagt sie: „Edeka muss nun seiner Verantwortung nachkommen und eine gute Lösung für die Belegschaft finden.“
Für Klaus Heitlinger, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF), ist das Albi-Aus auf der Alb der nächste Schritt einer „logischen Entwicklung“. Die Marke Albi gehöre zu den Top 5 der Saftmarken – nicht nur in Deutschland. Auch wenn Berghülen für den europäischen Markt besser läge als Rostock, die Investitionen für einen profitablen Standort scheinen Edeka seiner Einschätzung nach dann doch zu hoch gewesen zu sein.
Was die Menschen in Berghülen von der Schließung halten, erfahren Sie in einem Video auf