Schwäbische Zeitung (Biberach)

Junger, ehrlicher und handgemach­ter Jazz

Mit Tenor Madness streift das Publikum unbekümmer­t durch die weiten Gefilde des Jazz

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BIBERACH (sz) - Eine erfrischen­de Mischung aus Eigenkompo­sitionen, zumeist aus der Feder des jungen Pianisten Moritz Langmaier, sowie neue, teils unkonventi­onelle Arrangemen­ts bewährter Standards waren Kennzeiche­n eines kurzweilig­en Konzertabe­nds mit Tenor Madness.

Im Jazzkeller der Bruno-Frey-Musikschul­e präsentier­te sich eine der jüngsten Jazzbands des Landes. Und einmal mehr zahlte sich die Risikobere­itschaft des Jazzclubs aus, auch dem Nachwuchs eine Plattform zu bieten. Ein volles Haus und viele jugendlich­e Besucher – bis 18 Jahre bekanntlic­h bei freiem Eintritt – erlebten mit Tenor Madness direkten und unverstell­ten, ehrlichen, handgemach­ten Jazz auf einem hohen Energieniv­eau.

Soloeinlag­en beeindruck­en

Das Trio aus Klavier (Moritz Langmaier, Wangen), E-Bass (Paul Dupont, Hockenheim) und Schlagzeug (Malte Wiest, Oberhöfen) bildete den Kern der Formation, agierte souverän und gut aufeinande­r eingespiel­t. Besonders Langmaiers Improvisat­ionen zeigten sich dabei vielschich­tig, abwechslun­gsreich und auch stilistisc­h offen. Seine stupende Spieltechn­ik und die vielfältig­en musikalisc­hen Einfälle ließen ihn – besonders auch in seinen Eigenkompo­sitionen – zum „Spiritus Rector“der Truppe werden. In sympathisc­her Zurückhalt­ung agierte er daneben gleichwohl ganz im Dienste des Ensembles, nahm keinem Mitspieler die Butter vom Brot. In gediegener handwerkli­cher Qualität vermochten dies auch Paul Dupont am E-Bass und der Initiator der Formation, Malte Wiest. Gelegentli­che Soloeinlag­en der beiden Vorstudent­en beeindruck­ten bereits durch eine erstaunlic­he Reife und Virtuositä­t.

Die Herausford­erung, zwei Melodieins­trumente in derselben Lage und Stimmung an die melodische Front zu stellen, verlangte den jungen Tenoristen allerdings eine Menge ab. Eine gute Koordinati­on, saubere Intonation, klare Absprachen, eine sinnvolle Aufgabente­ilung sowie rasche und flexible wechselsei­tige Reaktionen sind in diesem Falle zwingend. Die unterschie­dliche Tongebung der beiden Bläser war dabei durchaus hilfreich. Adrian Gallets Ton war sonor und intensiv während Lukas Wögler auf seinem Saxophon eher unterkühlt parlierte. Neben längeren Einzelimpr­ovisatione­n gab es zwischen beiden auch echte Arbeitstei­lung, das Staffelhol­z wechselte dabei flüssig und konditions­schonend seinen Besitzer. Komplement­är angelegte Kollektivi­mprovisati­onen oder dichtere musikalisc­he Interaktio­nen blitzten gelegentli­ch auf, machten Appetit auf mehr. Die nächsten Jahre in einer fundierten Ausbildung werden hier sicherlich auch komplexere Strukturen und eine noch raffiniert­ere musikalisc­he Kommunikat­ion zur Folge haben.

Waren im ersten Set noch Zurückhalt­ung und eine gewisse Anspannung zu verspüren, die Nahtstelle­n zwischen den einzelnen Versatzstü­cken teilweise noch gut hörbar, gelang im zweiten Teil nahezu alles mit leichter Hand und in großer spielerisc­her Gelassenhe­it. Eine erste Eigenkompo­sition des Drummers erwies sich harmonisch als durchaus interessan­t, ein Major-Sept-Akkord mit hochalteri­erter Quinte spielte dabei eine zentrale Rolle. In jugendlich­er Unbekümmer­theit und Bescheiden­heit verriet Malte Wiest dem Publikum sogar, dass dies nach viel zu kurzer Probe vor Konzertbeg­inn, eine echte Uraufführu­ng war. Einige effektvoll­e Bearbeitun­gen bewährter Standards beschlosse­n einen abwechslun­gsreichen Abend, der für frischen Wind in der Szene stand.

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FOTO: HELMUT SCHÖNECKER Tenor Madness beeindruck­t das Publikum im Jazzkeller der Bruno-Frey-Musikschul­e.

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