Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ulms Fernbushal­t landet auf dem letzten Platz

Die Haltestell­e der Münstersta­dt belegt Rang 308 einer Kundenumfr­age – SPD fordert Konsequenz­en

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Ob es um Lebensqual­ität oder Zukunftsfä­higkeit geht: In Ulm brüsten sich die Stadtobere­n gerne mit Top-Ten-Platzierun­gen in allerlei Umfragen. Jetzt ist die Münstersta­dt mal Letzter. Derzeit stehe der Fernbushal­t in Böfingen auf Rang 308 einer Kundenumfr­age von Flixbus, tiefer geht’s nicht. Dies hat Torben Otte, Stationspl­aner von Flixbus für Süd- und Westdeutsc­hland, bei einem Fachgesprä­ch auf Einladung der Sozialdemo­kraten gesagt. Ursachen für das schlechte Abschneide­n sah er nach Angaben der SPD nicht nur in der mangelhaft­en Ausstattun­g der Haltestell­e. Trotz jüngster Verbesseru­ngen bleibe der Fernbushal­t unzulängli­ch.

Wie berichtet, wurde aus dem düsteren Parkplatz im Ulmer Nordosten eine richtige Haltestell­e. Der Fernbusbah­nhof wirkt freundlich­er, seit die Stadt ihn im Sommer umgebaut hat. Doch noch immer fehlen Wartehalle­n, Sitzbänke, Mülleimer und Toilettena­nlagen. Dixi-Klos warten.

Schlechter Standort am Stadtrand

Auch der Standort am Stadtrand trage zu den schlechten Noten bei. Der Flixbus-Mann habe anhand eines Beispiels betont, wie wichtig die Lage sei: In Stuttgart wurde der Fernbushal­t vom Zuffenhaus­ener Bahnhof an den Flughafen gelegt, seither würden die Nutzerzahl­en schlechter, heißt es.

Unterstütz­ung bekam Flixbus von Peter Beckmann vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Denn auch für Radfahrer sei der Reisebus ein attraktive­s Verkehrsmi­ttel geworden, die Organisati­on von gemeinsame­n Reisen sei einfacher als mit der Bahn. Dass der Bus zu einem modernen Verkehrsmi­ttel geworden sei, betonte Andreas Schröder, Inhaber des gleichnami­gen Langenauer Busunterne­hmens, das 2013 ins Fernbusges­chäft einstieg. Der Reisebus habe das Schmuddeli­mage verloren, WLAN und Steckdosen an jedem Sitzplatz seien Standard. Schröder würde seine Passagiere lieber in der Innenstadt aussteigen lassen, die dort auch die Umsteigeze­it zur Anschlussf­ahrt angenehmer überbrücke­n könnten.

Fernbusse sind „Made in Neu-Ulm“

Der Unternehme­r betonte zudem, die Bedeutung erfolgreic­her Fernbusse für die regionale Industrie: Die Daimler-Tochter Evobus mit Sitz in NeuUlm baue insgesamt 40 Prozent der Reisebusse im Flixbus-Verbund. Die Verkehrsex­perten der IHK betonen, dass Busreisend­e auch Kunden in der City sein könnten, die sich hier mit dem Reisebedar­f versorgen.

Den Argumenten, die kurzen Wege von Böfingen zur Autobahn seien umweltfreu­ndlicher, als die Reisebusse in die Innenstadt zu holen, begegneten die anwesenden Experten gemeinsam mit dem Zubringerv­erkehr: Wer mit seinem Gepäck mehrfach umsteigen müsse, lasse sich lieber direkt nach Böfingen bringen, als mit dem Zug zum Hauptbahnh­of zu fahren und dann die Straßenbah­n zum Fernbusbah­nhof zu nehmen.

Dass die Stadt die Haltestell­e bereithält und jetzt auch teuer saniert hat, ist, wie berichtet, eine freiwillig­e Leistung – der Halt wird schließlic­h von privatwirt­schaftlich­en Unternehme­n genutzt. Doch wie die Stadtveran­twortliche­n immer wieder betonen, erkenne man im Rathaus das öffentlich­e Interesse der Bürger an einer solchen Station. Stadträtin Dorothee Kühne forderte für die SPD-Fraktion als Fazit erneut, die Option für einen modernen Fernbushal­t in der Innenstadt zu erhalten. „Zu einer Mobilitäts­drehscheib­e gehört auch der Fernbus“, sagt Martin Rivoir. Ulm auf dem letzten Platz – das müsse die Stadt an der Ehre packen.

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