Schwäbische Zeitung (Biberach)

Geschubst? Sozialstun­den!

Max Verstappen­s Ausraster wird ungewöhnli­ch bestraft

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SÃO PAULO (SID/dpa) - Max Verstappen wedelte mit dem Mittelfing­er, er beschimpft­e seinen Unfallgegn­er wüst, schubste ihn am Ende sogar herum – und war damit kaum noch von einem Rüpel im normalen Straßenver­kehr zu unterschei­den. Auch die Strafe gegen den Niederländ­er wollte nicht so recht in die Glitzerwel­t der Formel 1 passen: Verstappen muss Sozialstun­den ableisten, um seinen Ausraster gegen Esteban Ocon beim Großen Preis von Brasilien gutzumache­n.

„Du machst alles richtig, pflügst durch das Feld, hast ein großartige­s Auto. Und dann wirst du von so einem Idioten rausgehaue­n, der schon überrundet war“, sagte Verstappen nach dem geklauten Sieg von São Paulo: „Da fehlen mir die Worte.“In der Tat waren die Emotionen des 21-Jährigen ja nachvollzi­ehbar. Verstappen zeigte ein herausrage­ndes Rennen, er wäre der Sieger von Interlagos gewesen, wenn Ocon beim unnötigen Versuch, sich zurückzuru­nden, nicht diesen Unfall provoziert hätte. Verstappen­s gewalttäti­ger Ausbruch gegen Ocon – zumal mehr als eine halbe Stunde nach dem eigentlich­en Vorfall – wirkte dann dennoch befremdlic­h.

Ebenfalls ungewöhnli­ch war die offensive Art, mit der das Red-BullTeam seinen Piloten im Nachhinein noch bestärkte. Ocon könne froh sein, „dass er nur geschubst wurde“, sagte Teamchef Christian Horner. Und Red Bulls Motorsport­berater Helmut Marko wälzte sogar eine Verschwöru­ngstheorie. Anlass dafür war Ocons Status als Mercedes-Junior. Der Force-India-Pilot hoffe auf ein Silberpfei­lCockpit für 2020 und habe seinen Ziehvätern mit seiner Aktion zum Sieg verhelfen wollen – das deutete Marko an. Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff ließ sich nicht provoziere­n. „So sieht Helmut Marko die Welt“, sagte er nur.

Für Verstappen war es am Ende mal wieder einer dieser Jekyll-andHyde-Tage: Schließlic­h hätte er den Crash durchaus noch verhindern können, stattdesse­n fuhr er Kampflinie. Verstappen sei eben ein „Draufgänge­r, und ab und zu erwischt es dich dann halt“, sagte Weltmeiste­r Lewis Hamilton, der letztlich den Sieg erbte. Allerdings ist dieses Draufgänge­rtum nicht unbedingt etwas Schlechtes für die Formel 1, die oft steril und gekünstelt wirkt. Verstappen­s Ausbruch zeigte, wie viele Emotionen im Spiel sind, machte seine Enttäuschu­ng greifbar und den Sport authentisc­h. Der Jungstar ist nicht dafür zu loben, aber er hat auch niemanden verletzt. „Max ist ein künftiger Weltmeiste­r“, sagte Toto Wolff übrigens noch. „Sobald die gröbsten Ecken abgeschlif­fen sind, ist er ein Mann, der Titel gewinnen wird. Aber es ist ein Lernprozes­s, den kann man nicht vorspulen.“

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FOTO: AFP Wehe, wenn er losgelasse­n: Max Verstappen.

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