Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Retter vom Dienst geht in Rente

Kein Tamtam, aber noch ein Sieg: Hrubesch verabschie­det sich in Trainer-Ruhestand

-

ERFURT (SID) - Nein, ganz loslassen kann und will Horst Hrubesch auch als Rentner nicht. Zu sehr hat der 67Jährige das letzte Hurra, diese achtmonati­ge Mission mit seinen „Mädels“, genossen. Bei der Frauen-Nationalma­nnschaft, so schwärmte er vor seinem heutigen Abschiedss­piel (16 Uhr/ZDF) gegen Spanien, sei es wie zu seiner Anfangszei­t als Spieler: „Es ist Ehrlichkei­t drin, ich brauche nix anzuschieb­en.“Also gab der Noch-Bundestrai­ner ein Verspreche­n ab: „Es ist fest ausgemacht, dass ich nächsten Sommer zur WM komme.“

Fernab vom Parallelun­iversum Männer-Profifußba­ll hat Hrubesch Werte wiedergefu­nden, für die er schon immer stand. Zwar fragte er nach dem 5:2 am Samstag gegen Italien beiläufig die Journalist­en nach den Bundesliga-Ergebnisse­n, doch die finanziell­en Auswüchse der Branche gehen ihm gegen den Strich.

„Ich bin mit diesen Summen schon lange nicht mehr einverstan­den. Wenn ich die Zahlen lese, dann wird mir angst und bange“, sagte der EM-Held von 1980, der sechs Jahre später bei seinem Ex-Club Rot-Weiss Essen seine Trainerlau­fbahn begann.

Seit 2000 arbeitete das einstige Kopfballun­geheuer in diversen Funktionen beim Deutschen Fußball-Bund. 18 Jahre später schließt sich der Kreis für den kernigen, aber immer geradlinig­en Mann mit dem sensatione­llen Gespür für Talente und Menschenfü­hrung. „Ich bin dankbar, dass ich das hier noch mitnehmen durfte“, sagte Hrubesch über das unverhofft­e letzte Kapitel.

Im März sprang der DFB-Sportdirek­tor wieder einmal in die Bresche. Steffi Jones musste gehen, da die so erfolgsver­wöhnte Frauen-Auswahl erstmals die WM-Teilnahme zu verpassen drohte. Als die erste Option wegbrach, fackelte die pflichtbew­usste Allzweckwa­ffe nicht lange.

Vor der Staffelübe­rgabe an die von ihm selbst ausgewählt­e Martina Voss-Tecklenbur­g gibt er nun offen zu: „Wenn ich 60 wäre, hätte ich selber weitergema­cht.“Bei der WM nächstes Jahr in Frankreich um den Titel mitzuspiel­en, das hätte was.

Seine wieder aufgeblüht­en Schützling­e werden den Chef mit der natürliche­n Autorität und dem reichen Erfahrungs­schatz vermissen. Von einer solchen Legende lerne man „für sein Spiel, aber auch fürs Leben“, sagte Mittelfeld­spielerin Lina Magull. Zum Dank soll in Erfurt der achte Sieg im achten Spiel her – andere Abschiedsg­eschenke möchte Hrubesch „auf keinen Fall“haben.

Nun rückt die Familie in den Mittelpunk­t, das hat er seiner Angelika versproche­n. „Meine Frau lässt sich sonst scheiden“, hat er mal erklärt. Zuerst geht es per Auto durch Neuseeland, 50 Tage lang, dann weiter nach Malaysia, Singapur, Hawaii und Las Vegas. Und wenn der DFB in der nächsten Notlage doch anruft? „In Neuseeland geht kein Telefon.“Dann vielleicht eine neue Rolle? „Mal sehen, was passiert.“

 ?? FOTO: DPA ?? Horst Hrubesch mit Nationalsp­ielerin Dzsenifer Marozsán.
FOTO: DPA Horst Hrubesch mit Nationalsp­ielerin Dzsenifer Marozsán.

Newspapers in German

Newspapers from Germany