Schwäbische Zeitung (Biberach)

Fünf Streicher verzaubern mit romantisch­er Klassik

Streichers­olisten der Bayerische­n Staatsoper erfüllen die Stadthalle mit intensiven Klangstruk­turen

- Von Günter Vogel

BIBERACH - Die Streichers­olisten der Bayerische­n Staatsoper haben kürzlich die Biberacher Stadthalle mit intensiven Klangstruk­turen von Antonin Dvor ká und Johannes Brahms erfüllt.

Die Geiger Meghan Nenniger und Immanuel Drißner, die Bratschist­en Dietrich Kramer und David Ott sowie Daniel Graf mit dem Cello eröffneten den Abend mit dem Streichqua­rtett Es-Dur op. 97 von Antonin Dvor ák. Das Quintett schrieb Dvor ká 1893 während seines Sommeraufe­nthaltes in der kleinen Gemeinde Spillville in Iowa. Es war sein drittes in Amerika komponiert­es Werk. In seiner Funktion als Direktor des New Yorker Nationalko­nservatori­ums war er von den vorwiegend tschechisc­hstämmigen Bewohnern des Dorfes eingeladen worden, den Sommer im Kreise seiner Landsleute zu verbringen.

Zum Werk schrieb der amerikanis­che Musikkriti­ker Henry Krehbiel: „Von drei Sätzen dieses Quintetts können wir sagen, dass sie den Einfluss der amerikanis­chen Musik und des Lebens in Amerika auf den Komponiste­n widerspieg­eln.“Die Verwendung bestimmter melodische­r und rhythmisch­er Elemente in den amerikanis­chen Kompositio­nen wie sie für afroamerik­anische Gospelgesä­nge charakteri­stisch sind, trugen zu dieser Meinung bei. Und der Wiener „Kritikerpa­pst“Eduard Hanslick: „Es sind in diesem Falle vor allem die ätherische­n Klangfarbe­n. Sie erwecken den Eindruck von unverbrauc­hten, erfrischen­den Volkskläng­en, eines spontanen Musizieren­s, das aber auch wehmütig in die Ferne schweift.“Und Dvorák selbst: „Ich habe einfach charakteri­stische Themen geschriebe­n, indem ich ihnen Eigenheite­n der indianisch­en Musik eingeprägt habe, und indem ich diese Themen als Gegenstand verwendete, entwickelt­e ich sie mithilfe aller Errungensc­haften des modernen Rhythmus, der Harmonisie­rung, des Kontrapunk­tes weiter.”

Eines der großen kammermusi­kalischen Werke von Johannes Brahms ist das Streichqui­ntett G-Dur op. 111. Abgesehen vom schier verschwend­erischen Hauptthema des eröffnende­n Allegro, ist die Atmosphäre des Quintetts von zarteren Stimmungen geprägt. Eine Art melancholi­scher Heiterkeit und stellenwei­se auch tänzerisch­e Fröhlichke­it prägen das vielgestal­tige und kontrastre­ichste Werk. Seine Themen assoziiere­n andere Komponiste­n seiner Zeit, Wagner, Mendelssoh­n, auch Johann Strauß.

Das Cellosolo, mit dem das eröffnende Allegro beginnt, ist eines der längsten Brahms-Themen, das sich emphatisch von der tiefen Lage des Instrument­s bis in die ungewohnte Höhe bewegt und den Eindruck erweckt, als könne sie sich nicht emphatisch genug aussingen. Der zweite Satz Adagio beginnt mit einem Bratschens­olo mit Pizzicato vom Cello. Dann ungarische Anklänge wie zymbalasso­ziierende Tremoli, kleine, rhapsodisc­he Soli. Der dritte Satz, un poco allegretto, hat die klassische Form eines Menuetts.

Der Schlusssat­z schließlic­h, vivace ma non troppo presto, zeigt mit Elementen eines Czardasz Einflüsse der ungarische­n Musik. Das Werk endet energiegel­aden und klangvoll positiv.

Die musikalisc­h optimal aufeinande­r abgestimmt­en Mitglieder des Quartetts hinterließ­en bei beiden Werken einen starken Eindruck. Mit temperamen­tvoller Frische und mit nuancenrei­cher Darbietung und feiner Phrasierun­g zeigten die Musiker eine vorbildlic­he Betrachtun­gsweise der Werke. Der Cellist Daniel Graf, der kurzfristi­g für seinen erkrankten Sohn Emanuel einsprang, war künstleris­ch optimal integriert­es Mitglied des Klangkörpe­rs.

 ?? FOTO: GÜNTER VOGEL ?? Das musikalisc­h optimal aufeinande­r abgestimmt­e Quintett beeindruck­t in der Stadthalle.
FOTO: GÜNTER VOGEL Das musikalisc­h optimal aufeinande­r abgestimmt­e Quintett beeindruck­t in der Stadthalle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany