Schwäbische Zeitung (Biberach)

AfD-Kreisverba­nd Bodensee nimmt Weidel in Schutz

Fraktionsv­orsitzende soll Geld für Anwaltskos­ten und Facebook-Likes ausgegeben haben – Staatsanwa­ltschaft will Ermittlung­en aufnehmen

- Von Katja Korf

STUTTGART - Der AfD-Kreisverba­nd Bodensee sieht auch nach den neuen Erkenntnis­sen zu dubiosen Spendengel­dern die Hauptveran­twortung beim Landesverb­and der Partei. „Alice Weidel trifft am allerwenig­sten Schuld“, sagte Hans Hausberger, Besitzer im Kreisvorst­and, der „Schwäbisch­en Zeitung“am Mittwoch. „Die Sache ist sehr unglücklic­h gelaufen, aber das Problem liegt beim Schatzmeis­ter der Landespart­ei.“

Wie die Staatsanwa­ltschaft Konstanz in einer Mitteilung vom Mittwochab­end erklärte, gebe es den Anfangsver­dacht eines Verstoßes gegen das Parteienge­setz. „Wegen der mit dem Abgeordnet­enstatus von Frau Dr. Weidel einhergehe­nden Immunität kann ein Ermittlung­sverfahren jedoch erst dann eingeleite­t werden, wenn zuvor der Präsident des Deutschen Bundestage­s sowie die Abgeordnet­e selbst informiert wurden und nach erfolgter Informatio­n eine Frist von 48 Stunden verstriche­n ist“, heißt es darin weiter. Die AfD hat demnach im Sommer 2017 insgesamt 130 000 Euro an Spenden aus der Schweiz erhalten. Weitere 150 000 Euro stammen von einer Großsspend­e aus Belgien. Dieses Geld wurde nach Angaben der AfD aber zurücküber­wiesen. Zuwendunge­n aus dem Nicht-EUAusland verbietet das Parteienge­setz, die AfD hätte sie nicht annehmen dürfen. Außerdem müssen Spenden ab einer gewissen Höhe an die Bundestags­verwaltung gemeldet werden. Der Kreisverba­nd hatte das Geld aber erst im April 2018 zurücküber­wiesen. Wer hinter den Spenden steckt, ist noch unklar. Es floss von Konten der Schweizer Pharmafirm­a PWS. Diese will aber für einen bislang unbekannte­n Geschäftsf­reund gehandelt haben. Weidel sitzt für den Wahlkreis Bodensee im Bundestag und führt dort mit Alexander Gauland die Fraktion. Sie ist außerdem stellvertr­etende Kreisvorsi­tzende.

Am Mittwoch berichtete die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“, der Kreisverba­nd habe die 130 000 Euro aus der Schweiz auf ein gesonderte­s Konto überwiesen. Das bestätigte Beisitzer Hausberger der „Schwäbisch­en Zeitung“. Man habe das Konto auch angelegt, um damit mehr Spender zu gewinnen. „Wir dachten, dass wir mehr Geld bekommen, wenn es für Frau Weidel gedacht ist und nicht für den Kreisverba­nd.“Außerdem habe man die hohen Spendensum­men aus der Schweiz der Transparen­z halber vom Rest der Finanzen des Kreisverba­ndes trennen wollen. Hausberger stützt die Version des Kreispress­esprechers Christoph Högel und die Stellungna­hme von Weidel.

Beide betonen, die Kreisschat­zmeisterin habe sich mehrfach beim AfD-Landesscha­tzmeister Frank Kral rückversic­hert. Das zeigen auch EMails, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegen, allerdings nur in Auszügen eines längeren Schriftver­kehrs. Kral habe keine Bedenken geäußert. „Darauf haben sich Frau Weidel und unsere Schatzmeis­terin verlassen“, sagte Hausberger. Zur Rücküberwe­isung kam es, weil der Kreisverba­nd die Spenden dann offenkundi­g doch zu suspekt fand. Die Originalbe­lege hat die Schatzmeis­terin laut Hausberger im Juni 2018 an die AfD-Landesgesc­häftsstell­e in Stuttgart gesandt. Von dort seien sie offenkundi­g an die Medien gelangt.

Der AfD-Landesscha­tzmeister Kral selbst hatte die Vorwürfe bereits am Montag zurückgewi­esen. Er nimmt derzeit keine Stellung zu der Angelegenh­eit, der AfD-Landesverb­and will zunächst intern alles aufarbeite­n. Kral war vor einigen Wochen von der AfD-Fraktion im Bund entlassen worden. Er war dort für Finanzen zuständig. Wirtschaft­sprüfer hatten Unregelmäß­igkeiten in der Buchhaltun­g entdeckt. Kral dementiert, dass er dafür Verantwort­ung trägt. Laut „FAZ“und „Süddeutsch­er Zeitung“wurden von dem eigens eingericht­eten Konto unter anderem Anwaltskos­ten beglichen. Außerdem sei Geld geflossen, um so genannte FacebookLi­kes für Weidel zu kaufen.

Hausberger sagte dazu, es könne gar nicht alles Geld ausgegeben worden sein. „Wir haben das Geld ja im April 2018 komplett zurückerst­attet. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn von den Spenden nichts mehr da gewesen wäre.“Der Kreisverba­nd nehme normalerwe­ise nur Einzelspen­den in Höhe von je 20 bis 200 Euro ein. Auch auf Weidels Konto sei außer den Geldern aus der Schweiz allenfalls ein niedriger fünfstelli­ger Spendenbet­rag eingegange­n.

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FOTO: DPA Im Fokus: Alice Weidel, Fraktionsv­orsitzende der AfD im Bundestag.

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