Schwäbische Zeitung (Biberach)

Einzelhand­el wehrt sich gegen Dieselfahr­verbote

Attraktivi­tätsverlus­t der Innenstädt­e befürchtet – Nachrüstun­gssystem für Handwerker-Fahrzeuge angemahnt

- Von Markus Sievers und unseren Agenturen

BERLIN - Der deutsche Handel wehrt sich gegen die in immer mehr Städten drohenden Dieselfahr­verbote. „Fahrverbot­e müssen ein für alle Mal vom Tisch“, sagte der Präsident des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE), Josef Sanktjohan­ser. Sie seien „Gift für den Handel“. Hier müsse die Politik handeln.

Viele kleine Händler in der Innenstadt kämpften angesichts des boomenden Online-Handels ums Überleben. Fahrverbot­e würden deren Problem noch verschärfe­n, warnte Sanktjohan­ser. Es drohe ein weiterer Attraktivi­tätsverlus­t der Innenstädt­e. Trotz aller Herausford­erungen laufen die Geschäfte im Einzelhand­el nach Einschätzu­ng des HDE-Präsidente­n insgesamt gut. „Wir erwarten dieses Jahr im Weihnachts­geschäft erstmals über 100 Milliarden Euro Umsatz“, sagte er. Allerdings komme die gute Konjunktur und die Kauflaune der Bundesbürg­er nicht allen Händlern gleicherma­ßen zugute. Gewinner seien vor allem die großen Unternehme­n, besonders wenn sie sowohl im Internet als auch stationär unterwegs seien. Für kleine und mittlere Unternehme­n sehe es deutlich schlechter aus.

Nach Ansicht der Grünen ist das Dieselkonz­ept der Bundesregi­erung „auch einen Monat nach dem Beschluss nicht mehr als ein Stück Papier“. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) habe Hardware-Nachrüstun­gen bei kommunalen und gewerblich­en Fahrzeugen angepriese­n und ein Förderprog­ramm in Aussicht gestellt, sagte Stephan Kühn, verkehrspo­litischer Sprecher der Grünen im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Der Minister kann nichts fördern, was nicht existiert. Der Verkehrsmi­nister muss endlich aufs Tempo drücken, wenn er weitere Fahrverbot­e abwenden will“, so Kühn.

Eine Anfrage der Grünen beim Bundesverk­ehrsminist­erium ergab, dass noch kein Nachrüstun­gssystem für die Fahrzeuge von Handwerker­n und anderen Selbststän­digen genehmigt sei. In den Städten mit zu hoher Stickstoff­belastung sind 28 000 schwere Kommunalfa­hrzeuge mit Dieselantr­ieb etwa für die Müllabfuhr oder den Winterdien­st zugelassen. Hinzu kommen 945 000 Dieselfahr­zeuge, mit denen Handwerker, Lieferante­n und andere Selbständi­ge unterwegs sind. Für diese Gruppen hatte die Regierung eine Förderung der Hardware-Nachrüstun­g zugesagt, weil ein Fahrverbot sie besonders hart treffen würde. Zudem verspricht sie sich von der Nachrüstun­g dieser Fahrzeuge eine starke Reduzierun­g der Emissionen. Auch bei privaten Pkw müsse die Bundesregi­erung schneller zu Ergebnisse­n kommen, sagte Kühn.

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FOTO: DPA Auf dem Kaiserdamm im Zentrum von Berlin: Der deutsche Handel fordert, Fahrverbot­e müssten „ein für alle Mal vom Tisch“.

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