Schwäbische Zeitung (Biberach)
Willkommen im Zirkus „Rigoletto“
Was es bei den 74. Bregenzer Festspielen 2019 zu sehen und zu hören gibt
BREGENZ - Narren sind die Stars der Bregenzer Festspiele 2019. Auf dem See wird die tragische Geschichte des Hofnarren Rigoletto geboten. Don Quichotte, der Ritter von der traurigen Gestalt, steht im Mittelpunkt einer Oper, eines Konzerts und eines Schauspiels.
Verdis Oper „Rigoletto“mit Ohrwürmern wie „La donna è mobile“wird zum ersten Mal in der 74-jährigen Festivalgeschichte auf der Seebühne inszeniert. Eigentlich verwunderlich, meint Intendantin Elisabeth Sobotka. Schließlich habe diese Oper alles, was zu publikumswirksamem Musiktheater gehört: zündende Arien, eindrucksvolle Chorpassagen und eine richtig gute, hochdramatische Geschichte über Zügellosigkeit, ehrliche und falsche Liebe, Eitelkeit und schreckliche Irrtümer.
Genau das Richtige für Philipp Stölzl. Er habe keine Sekunde gezögert, das Angebot der Festspiele anzunehmen, sagt der Regisseur, der berühmt wurde durch Musikvideos für die Band Rammstein und die Popikone Madonna sowie die Spielfilme „Nordwand“, „Goethe!“, „Medicus“und zuletzt „Winnetou“. Längst ist Stölzl, der ursprünglich als Bühnenbildner angefangen hat, aber auch ein gefragter Opernregisseur. Er hat an großen Häusern wie Berlin und Dresden inszeniert. Zu seiner Stuttgarter „Fledermaus“-Insznenierung bemerkte der Kritiker der „Süddeutschen Zeitung“im Jahr 2010: „Philipp Stölzl, der aus der Popkultur der Video-Clips kommt, hat die Gabe, Menschen für das Musiktheater zu begeistern, die dieses nicht gut kennen.“
Das war wohl auch einer der Gründe für die Festspielleitung und Präsident Hans-Peter Metzler, gerade Philipp Stölzl zu engagieren. Denn die Seebühnenproduktion muss im besten Sinne populär sein. Wenn die nicht funktioniert, dann funktionieren die ganzen Festspiele nicht. Aber Michael Diem, der kaufmännische Direktor, zeigt sich acht Monate vor Eröffnung zuversichtlich. Momentan sind schon vierzig Prozent der 185 000 „Rigoletto“-Tickets gebucht. Es gibt 26 Vorstellungstermine vom 17. Juli bis zum 18. August 2019.
Die Bregenzer Festspiele sind für ihre spektakulären Bühnenbilder berühmt. Philipp Stölzl erinnert sich, dass er in seiner Jugend stets mit Spannung auf die Fotos von Bregenz in der Zeitung gewartet habe. Für einen wie ihn, der sich Werken vom Raum her nähere, sei die Arbeit für die Seebühne ein Traum. Zu welchen Bildern ihn Verdis „Knaller“inspiriert hat, daraus macht der 51-Jährige noch ein Geheimnis. Nur so viel lässt sich aus der Präsentation herleiten: „Rigoletto“wird etwas mit einem Zirkus zu tun haben.
Populäres wie Rares
Zur Bregenzer Dramaturgie gehört die Zweigleisigkeit – das massentaugliche, populäre Stück auf dem See, das Besondere, das Neue, in Festspielhaus und Werkstattbühne. Mit Jules Massenets 1910 in Monte Carlo aufgeführter Comédie héroïque „Don Quichotte“ist ein Werk zu erleben (18., 21., 29. Juli), das heute nicht mehr zum Kernrepertoire der Opernhäuser gehört. Wohl auch deshalb, weil Massenets Musik extreme Ansprüche an die Sänger stellt. In Bregenz wird der ungarische Bass Gábor Bretz die Titelpartie des traurigen Ritters übernehmen. Er ist zudem in der Aufführung von
Verdis Requiem am 22. Juli zu hören, das Fabio Luisi mit den Wiener Symphonikern aufführt.
Die Figur des fahrenden Ritters ist auch Gegenstand der Sprechtheaterproduktion. Intendantin Elisabeth Sobotka ist sehr stolz darauf, dass nach Jahren der Schauspielpause die bewährte Zusammenarbeit mit dem Deutschen Theater Berlin wieder auflebt: „Denn es macht uns wieder so komplett, wie wir waren.“In der Bearbeitung von Cervantes’ „Don Quijote“sind die Bühnenstars Wolfram Koch und Ulrich Matthes zu erleben (20., 22., 23. Juli). Regie führt Jan Bosse.
Das Don-Quijote-Thema bestimmt das Programm eines kompletten Konzerts: Das Symphonieorchester Vorarlberg wird unter Leitung der Dirigentin Ariane Matiakh in einer Matinee am 18. August Werke von Ravel, Ibert und Strauss interpretieren.
Die Festspiele haben sich in den vergangenen Jahren dem modernen Musiktheater, auch experimentellen Präsentationsformen zugewandt. Der französische Multi-Künstler Francois Sarhan realisiert am 17. und 18. August mit „Wunderwandelwelt“eine Installation, für die er Musik, Text, Konzept und Raum entwirft.
Neue Musik trifft neue Form: Das gilt auch für zwei Interpretationen von Schnitzlers „Der Reigen“: Auf der Werkstattbühne wird Bernhard Langs Musiktheater zu erleben sein (30. und 31. Juli), im Festspielhaus (15. Juli) eine musikalisch-halbszenische Lesung von Regina Fritsch und SvenEric Bechtolf mit der Musicbanda Franui. Das Ensemble ist ein gern gesehener Gast in Bregenz. Ebenso wie natürlich das Festspielorchester. Neben Verdis Requiem geben die Wiener Symphoniker zwei weitere Konzerte: Unter ihrem früheren Chefdirigenten Philipp Jordan führen sie alle vier Brahms-Sinfonien auf (4. und 5. August).
Das Bregenzer Opernstudio geht mit „Eugen Onegin“ins fünfte Jahr. Im Rahmen von „Musik und Poesie“verfolgt Michael Köhlmeier die Spuren verschiedener Narrenfiguren. Und Alexander Moosbrugger, Composer in Residence des Festivals, lässt das Publikum wieder daran teilhaben, wie eine Oper entsteht.
Die Bregenzer Festspiele 2019 finden von 17. Juli bis 18. August statt. Tickets und Infos unter
und Telefon 0043 5574 4076.