Schwäbische Zeitung (Biberach)

Männer prügeln sich vor Schussenri­eder Spielhalle

Prozess wegen Körperverl­etzung endet ohne Urteil – Angeklagte­r und Zeuge widersprec­hen sich

- Von Andrea Rexer

BAD SCHUSSENRI­ED - Zwei Männer sind im Januar 2017 vor einer Spielhalle in Bad Schussenri­ed aneinander­geraten. Als die Polizei hinzukam, erstattete einer der beiden Anzeige wegen Körperverl­etzung und Beleidigun­g. Der Fall wurde am Mittwoch vor dem Amtsgerich­t Biberach verhandelt.

Bereits zu Beginn des Prozesses zeigte sich: Ein unbeschrie­benes Blatt ist der 28-jährige Angeklagte nicht. Der gelernte Kfz-Mechaniker verfügt über mehrere Einträge im Bundeszent­ralregiste­r. Beginnend mit Fahren ohne Fahrerlaub­nis, über Gefährdung des Straßenver­kehrs, bis hin zu Betrug und Körperverl­etzung. Anfang des Jahres hatte er eine dreimonati­ge Haftstraße hinter sich gebracht, nachdem Bewährungs­auflagen nicht erfüllt wurden.

Widersprüc­hliche Aussagen

Im vorliegend­en Fall hatte er selbst die Polizei gerufen. Nach seinen Angaben habe sein 39-jähriger Kontrahent ihn mit ungerechtf­ertigten Geldforder­ungen belästigt und ihn im Streit an seiner Jacke festgehalt­en. Da er ihn nicht abschüttel­n konnte, habe er sich Hilfe geholt. Die Polizistin, die als Zeugin geladen war, gab jedoch an, bei ihrer Ankunft damals keine Verletzung­en festgestel­lt zu haben. Der Angeklagte widersprac­h in seiner Aussage auch sonst dem, was der 39-Jährige bei der Polizei zu Protokoll gegeben hatte. Weder habe er den anderen geschlagen, noch irgendwelc­he Beleidigun­gen gegen ihn ausgesproc­hen.

Klarheit sollte die Aussage des 39-Jährigen, des vermeintli­chen Opfers, schaffen. Dieser war allerdings nicht vor Gericht erschienen, zur Verärgerun­g von Richterin Julia Wichmann. Sie veranlasst­e aus dem Gerichtssa­al heraus, dass der Zeuge vorgeführt werden solle und schickte die Polizei zu seiner Meldeadres­se. Als diese erfolglos zurückkehr­te, da sie ihn nicht angetroffe­n hatte, versuchte Wichmann, den Kontakt über eine Handynumme­r herzustell­en. Das gelang und dem Zeugen wurde mithilfe der Übersetzer­in klargemach­t, dass er sich umgehend zum Gericht zu bewegen habe. Telefonisc­h informiert­e ihn die Richterin über die Konsequenz­en eines Nichtersch­einens bei Gericht: Ordnungsst­rafen in empfindlic­her Höhe bis hin zur Beugehaft. Innerhalb von 20 Minuten war der Zeuge im Gerichtssa­al.

Schwierige Vernehmung

Die Vernehmung des Zeugen gestaltete sich dann jedoch schwierig, da der Pakistaner kaum Deutsch sprach. Mithilfe der vom Gericht gestellten Dolmetsche­rin wurde seine Version nun zu Protokoll gegeben. Er erklärte, dass er für den Angeklagte­n auf mehreren Baustellen gearbeitet und dafür aber nie Geld gesehen habe. Dies sei der Grund für sein massives Vorgehen zuerst in und danach vor der Spielhalle gewesen. Der Angeklagte habe ihn geschlagen und beschimpft. Das ihm zustehende Geld habe er nicht gesehen. Auf die Frage, warum er nicht zum Gerichtste­rmin heute erschienen sei, blieb der Zeuge eine schlüssige Antwort schuldig. Bei der weiteren Befragung stellte sich heraus, dass der Angeklagte ihn in der Zwischenze­it mit zwei Freunden besucht hatte. Laut Angeklagte­m ein Versöhnung­sbesuch mit beidseitig­en Umarmungen, laut dem Zeugen eine weitere Diskussion über das ihm zustehende Geld.

Richterin Wichmann beschäftig­te sich eher mit der Frage, ob der Zeuge vielleicht bedroht worden sei. Wiederholt hakte sie nach, ob der Zeuge Angst habe vor jemand im Saal oder ob er eingeschüc­htert worden sei. Der Zeuge verneinte diese Fragen.

Am Ende standen sich zwei unterschie­dliche Versionen zum Tathergang gegenüber, die mangels weiterer Zeugen nicht aufgeklärt werden konnten. In Abstimmung mit der Staatsanwa­ltschaft entschied Richterin Wichmann das Verfahren einzustell­en, die Verfahrens­kosten gehen zu Lasten der Staatskass­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany