Schwäbische Zeitung (Biberach)
Pure Lebensfreude im Autohaus Grattler
Die Theatergruppe Reute spielt dieses Jahr das Stück „Mit Vollgas ins Glück“
MITTELBIBERACH - Auf dem Spielplan der Theatergruppe Reute steht in diesem Jahr das Stück „Mit Vollgas ins Glück“von Ulla Kling. Am Samstagabend war Premiere in der Festhalle Reute
„Mit Vollgas ins Glück“will Seniorchef Erich Grattler. Tatsächlich steuert das Stück jedoch in eher gemäßigtem Tempo über drei Akte und drei Stunden, inklusive zweier Pausen, auf einen guten Schluss zu. Der selbstbewusste Juniorchef des Autohauses Grattler, Andreas Grattler, möchte seinen Vater nicht länger im Nacken sitzen haben. Er empfiehlt dem Senior, doch endlich mal das Leben zu genießen. Doch dieser will sich von seinem Sohn nicht einfach aufs Abstellgleis schieben lassen und treibt gewitzt den Puls des Juniors in die Höhe, indem er sich ein rotes Sportcabrio mit Leder- und Mahagoniausstattung für 80 000 Euro bestellt.
Senior stürzt sich ins Nachtleben
Der Senior stürzt sich ins Nachtleben, macht die Bekanntschaft der herzerfrischend reizenden Trixi, tauscht sein altes Bett gegen ein Boxspringbett und möchte künftig auf einem großen Fernseher im Schlafzimmer schmutzige Filme gucken. So viel neu aufkeimende Lebensfreude geht der altjüngferlichen, bis dahin im Leben etwas zu kurz gekommenen und heimlich nach dem Seniorchef schmachtenden Sekretärin, Fräulein Klara Döderlein, arg gegen den Strich. Dagegen hilft nicht einmal der kräftige Schluck aus der Eierlikörflasche. Die Empörung ist groß. Etwas Ablenkung bringt der an Fräulein Döderlein interessierte Autohauskunde Alois Pointer, dessen Liebesmüh am Ende jedoch vergeblich ist. Der Betrieb im Autohaus muss währenddessen weitergehen.
Fräulein Döderlein soll eine Kundenkartei am Computer erstellen. Mechaniker Kurt soll das alte Fahrzeug eines Kunden reparieren, das nur durch „eine Wallfahrt und ein Wunder“wiederbelebt werden kann und sich um andere kuriose fahrzeugtechnische Unglücksfälle kümmern. Dabei sind seine Gedanken viel mehr bei der Tochter des Blumenhändlers. Die resolute Gattin des Kunden mit dem Schrottfahrzeug möchte anstatt des reparierten alten Karrens das flotte metallicblaue Fahrzeug für 50 000 Euro haben. Und Trixi hätte lieber den Junior anstatt des alten Grattlers.
Am Ende finden alle und findet alles nach einigem Hin und Her zu einem guten Ende. Textsicher und mit viel Spielfreude karikieren die Darsteller die jeweiligen Charaktere. Besonders gut gelingt dies Gerlinde Romer als Fräulein Döderlein, Corinna Pfaff als Trixi und Angelika Aßfalg als Kundengattin Rosa Irlinger. Passend besetzt sind die Rollen des Seniorchefs mit Helmut Gröber, Thomas Egger als Juniorchef sowie Hermann Zanker als Kunde Bollmann. Gut ausgefüllt haben auch Alois Busching als Otto Irlinger und Willy Kühl als Alois Pointer ihre Nebenrollen. Noch etwas zu zurückhaltend wirkte Nicole Pfaff als Franzi, die Tochter des Blumenhändlers, in ihrem Spiel an der Seite ihres gewitzten Verehrers, dem Monteur Kurt, knitz dargestellt von Peter Popp. Da alle Szenen im Kundenbereich des Autohauses spielen, kommt das Stück gut mit nur einem Bühnenbild aus.
Vor allem Schauspieler überzeugen
Etwas gestrafft, beispielsweise in den Sofa-Szenen, könnte das Stück mehr Fahrt aufnehmen und schwungvoller beim Publikum ankommen. Gar zu plumpe Kalauer wie die Aussage „99 Hennen und ein Weibsbild sind 100 Mistviecher“sind überflüssig und schmälern den Gesamteindruck. Insgesamt haben vor allem die Schauspieler bei der Premiere eine gute Vorstellung geliefert. Dem Publikum hat’s gefallen. Die Theatergruppe Reute kann mit dem Premierenabend einen weiteren Erfolg in ihrer 27-jährigen Geschichte verbuchen.