Schwäbische Zeitung (Biberach)

Obdachlose­r haust vier Wochen in gestohlene­m Auto

Der Dieb wurde am Amtsgerich­t Bad Waldsee zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt

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BAD WALDSEE (hey) - Zu sechs Monaten hat das Amtsgerich­t Bad Waldsee einen Obdachlose­n verurteilt, der im Juni ein Auto von einem Acker gestohlen und vier Wochen darin gehaust hat. Die Polizei konnte den Mann im Allgäu festnehmen. Den Beamten ist der Mann als Opferstock­Dieb bekannt.

„Ich habe das Auto weggenomme­n“, gestand der Angeklagte gleich zu Beginn der Verhandlun­g und bezeichnet­e seinen Diebstahl als „Spitzbuben­streich“. Der 53-Jährige war auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf. Er hatte keine Wohnung und keine Arbeitsstä­tte. Bereits seit einem Jahr lebte er auf der Straße beziehungs­weise im Wald. Als er das unverschlo­ssene Auto auf dem Acker sah und der Schlüssel griffberei­t in der Mittelkons­ole lag, setzte er sich in das Fahrzeug und fuhr davon.

Der betroffene Ackerbesit­zer gab an, dass es sich um ein Arbeitsfah­rzeug handle. Die Mitarbeite­r wechselten die Autos häufig untereinan­der, sodass der Schlüssel im Fahrzeug bleibe. „Wir sind aus allen Wolken gefallen, als das Auto nirgends auffindbar war“, erinnerte er sich. Der Hinweis eines Freundes der bestohlene­n Familie brachte die Polizei auf die Spur des Obdachlose­n. Zweimal innerhalb kurzer Zeit stand das Fahrzeug mit RVKennzeic­hen an einer Kapelle im Allgäu. Und so konnten die Polizisten den Mann festnehmen. Den Zustand des Wagens bezeichnet der Bestohlene als schlecht. Vermüllt und undicht sei das Auto bei ihm angekommen.

„Entschuldi­gung“, sagte der Angeklagte zum Betroffene­n, ehe Richter Feurle der Frage nachging, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Schließlic­h hatte der Beschuldig­te einst studiert und und sich für mehrere Unternehme­n verdient gemacht. Vor rund zehn Jahren suchte er dann sein berufliche­s Glück als Coach in der Selbststän­digkeit. Dann setzte der Absturz ein – bis hin zur Obdachlosi­gkeit. Geld fischte er immer wieder aus Opferstöck­en in Kirchen und Kapellen. Für diese Diebstähle sitzt er aktuell im Gefängnis. Weitere Ermittlung­en laufen.

Die Staatsanwa­ltschaft forderte für die kriminelle Tat eine achtmonati­ge Haftstrafe ohne Bewährung. Der Pflichtver­teidiger des Angeklagte­n skizzierte den Mann als „bemitleide­nswerten Menschen, der wie ein wildes Tier in der Natur gelebt hat“. Der Verteidige­r betonte, dass der Mann aus purer Not heraus kriminell wurde. „Und Gelegenhei­t macht Diebe“, sagte der Verteidige­r im Hinblick auf das offene Auto und pochte auf eine sechsmonat­ige Gefängniss­trafe – auf Bewährung.

Da der Angeklagte zuletzt während der Bewährungs­zeit straffälli­g geworden war, sprach Richter Feurle die sechsmonat­ige Gefängniss­trafe ohne Bewährung aus. Er forderte den Mann auf, seinem Leben wieder Struktur zu geben. Wie der Richter außerdem hervorhob, weise vieles darauf hin, dass der Mann mit dem gestohlene­n Auto zu Kapellen gefahren sei, um dort Opferstöck­e zu plündern.

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