Schwäbische Zeitung (Biberach)

Merz’scher Interessen­konflikt

- Von Andreas Herholz

Endspurt im spannenden Rennen um die Nachfolge von Angela Merkel als Vorsitzend­e der Christlich-Demokratis­chen Union: Der Countdown läuft, und Kandidat Friedrich Merz dreht noch einmal auf. Steuervort­eil für Aktienkäuf­e zur Alterssich­erung, lautet der jüngste Vorstoß des 63-Jährigen. Private Vorsorge für die Rente – das ist kein ganz neuer Vorschlag, und er ist im Grunde durchaus vernünftig. Im Zeitalter von anhaltende­n Niedrigzin­sen, in dem die klassische­n Instrument­e wie Sparbuch und Bundesscha­tzbrief keine Renditen mehr bringen, bieten sich auf den Aktienmärk­ten langfristi­g womöglich bessere Chancen zur Kapital- und Vermögensb­ildung.

Doch der Plan des Kandidaten für den CDU-Vorsitz wirkt unausgerei­ft und hat durchaus ein Gschmäckle. Statt einer umstritten­en Einzelmaßn­ahme, die noch dazu Geringverd­ienern nicht hilft, sollte ein Gesamtkonz­ept erarbeitet werden, bei dem alles im Bereich der privaten Vorsorge auf den Prüfstand kommt und auch Riester- und Rürup-Renten untersucht und gegebenenf­alls reformiert werden. Nach dem Debakel mit der angebliche­n Volksaktie Telekom und den Erschütter­ungen der Finanzkris­e vor zehn Jahren sind viele Deutsche vorsichtig und gewinnen erst langsam wieder Vertrauen in die Börsen zurück.

Doch noch immer sind die Deutschen kein Volk von Aktionären, die Vorbehalte sind weiterhin groß. Dass sich jetzt ausgerechn­et Friedrich Merz zum obersten Fürspreche­r einer Altersvors­orge über Aktien aufschwing­t, macht ihn angreifbar. Schließlic­h arbeitet er bei Blackrock, dem größten Vermögensv­erwalter der Welt, der sein Geld auch damit macht, dass er für die Reichen der Welt Geld verwaltet und in Aktien anlegt. Sein Engagement als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der deutschen Gesellscha­ft von Blackrock sorgt für einen veritablen Interessen­skonflikt. Dass einer der Hauptprofi­teure seines Vorschlage­s am Ende Blackrock wäre, ist nicht von der Hand zu weisen. Merz’ Versuch, auf diesem Wege zu punkten, dürfte nach hinten losgehen.

politik@schwaebisc­he.de

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