Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nichtstun schützt vor Strafe nicht
sterreich, so wissen es nicht nur Liebhaber des Wiener Schnitzels oder der Sachertorte, ist ein schönes Land. Bisweilen aber auch ein kompliziertes. Im Alpenstaat existiert zum Beispiel die merkwürdige juristische Konstruktion der „Beleidigung durch Unterlassung“. Es ist in Österreich also möglich, jemanden dadurch zu beleidigen, indem man nichts tut.
Auf den ersten Blick ist dieses Kunststück kaum zu schaffen. Ein österreichischer Gastwirt im idyllischen Sölden hat das allerdings fertiggebracht. Die Bestätigung dafür drückt sich in einem Gerichtsurteil aus. Der Wirt muss den FPÖ-Politikern Heinz-Christian Strache (VizeKanzler) und Norbert Hofer (Verkehrsminister) jeweils 2000 Euro Schadenersatz sowie 1500 Euro Strafe zahlen.
In Summe ist das eine sehr teure Unterlassungshandlung. Und die beiden Politiker sind offenkundig durch das Nichtstun des Gastronomen tiefgreifend geschädigt. Der Wirt hatte an der Tür seiner Wirtschaft ein Plakat geduldet, auf dem unter dem Bildnis der Politiker zu lesen ist: „Wir müssen draußen bleiben“. In Bezug auf Hunde ist diese Beschilderung zulässig, wahrscheinlich sogar auch bei Katzen. Politiker sind aber aus evolutionsbiologischer Sicht weder das eine noch das andere. Um irrtümliche Assoziationen von vornherein auszuschließen, hätte der Wirt das Plakat formaljuristisch abnehmen müssen. Hat er aber nicht.
Und die Moral von der Geschichte? Wer glaubt, wenn einer nichts tut, könne er schon nichts falsch machen, ist auf dem Holzweg. Zumindest in Österreich. (nyf )
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