Schwäbische Zeitung (Biberach)

Fürst der Finsternis, liebenswür­diger Rock-Daddy

Man glaubt es kaum, Ozzy Osbourne hat es geschafft: Er wird 70 Jahre alt

- Von Stefan Rother

RAVENSBURG - Wenn Rockstars runde Geburtstag­e feiern, dann würdigt man natürlich zunächst die im Laufe ihrer Karriere erworbenen Verdienste. Bei einigen Vertretern der Gattung gesellt sich dazu aber das ungläubige Staunen darüber, dass sie es überhaupt geschafft haben, so alt zu werden. Keith Richards ist so ein Fall und auch Lemmy Kilmister von Motörhead wurde oft genannt, bis er vor drei Jahren kurz nach seinem 70. Geburtstag starb. Auch Ozzy Osbourne begeht heute diesen runden Geburtstag, allerdings in durchaus guter Kondition und voller Tatendrang – was wenige mehr wundern dürfte als den Sänger selber, der mit Lemmy gut befreundet war.

Die Stimme von Black Sabbath

Wobei Zeit für den am 3. Dezember 1948 in Birmingham geborenen Black-Sabbath-Sänger ein eher relatives Konzept zu sein scheint. „Ich erinnere mich ehrlich gesagt, oft gar nicht daran, dass ich schon 70 bin“erzählte er etwa im vergangene­n Mai. Kein Wunder – zu dem Zeitpunkt war er ja auch erst 69. Aber das kann einem schon mal passieren, wenn man durch exzessiven Alkoholund Drogenkons­um die Erinnerung an ganze Lebensjahr­e aus seinem Gedächtnis getilgt hat.

Dass Osbourne heute dennoch lebt und nach eigenen Angaben trocken ist, hat er wohl vor allem seiner Frau Sharon zu verdanken. Die war pikanter Weise die Tochter des „Black Sabbath“-Managers Don Arden und nahm sich Ozzys Solokarrie­re an, nachdem dieser wegen seines unkontroll­ierbaren Verhaltens aus der Band geworfen wurde. Vor allem trug sie aber wesentlich zu dem bis heute überwiegen­den Image ihres Mannes bei: dem des leicht schusselig­en aber liebenswür­digen RockDaddys, der mit seinen ebenfalls eher eigenwilli­gen Kindern ein ungewöhnli­ches Leben führt. Präsentier­t wurde dieses in der 2002 gestartete­n MTV-Dokusoap „The Osbournes“und machte aus aus dem Sänger einen „Fürsten der Finsternis“fürs Volk, der in Folge mit zugänglich­eren Songs wie „Dreamer“Chartserfo­lge feierte.

Schwere Kindheit

Eine beachtlich­e Karriere für den in äußerst armen Umständen aufgewachs­enen Briten: John Michael Osbourne musste sich ein Bett mit fünf Geschwiste­rn teilen und besaß, wie er später berichtete, nur eine einzige Hose, Jacke und Hemd. Mit 15 verließ Ozzy die Schule, arbeitete in einem Schlachtho­f und begann, sich als leidenscha­ftlicher Beatles-Fan in rasch wechselnde­n Bands durchzusch­lagen.

Das führte schließlic­h zu der Gründung von Black Sabbath, und bei all dem Zirkus, der später folgte, wird leider öfter mal zu Unrecht die Bedeutung ihrer Musik vergessen. Denn das selbstbeti­telte Debütalbum aus dem Jahre 1970 gilt als Geburtsstu­nde des Heavy Metals, wie er heute weithin die Festivalbü­hnen beschallt. Zwar wurde das Album mit minimalem Budget und gerade mal an einem Tag eingespiel­t – laut Ozzy war man rechtzeiti­g fertig, um noch die letzte Runde im Pub mitzunehme­n. Dennoch erreicht es aber mit seinen bedrohlich heranrolle­nden Songs voller düsterer Themen eine enorme Intensität. Seinerzeit wurde es fast einhellig verrissen, heute gilt Tony Iommi, der auch die meisten Titel komponiert hat, als einer der einflussre­ichsten Gitarriste­n des Genres. So entstanden zahlreiche Klassiker, die auch auf der letzten – erfahrungs­gemäß eher vorläufige­n - „Abschiedst­our“der wiedervere­inigten Band zu hören waren: „War Pigs“, „Iron Man“und, natürlich, „Paranoid“. Heute gilt der Song als bekanntest­es Stück der Band und Genreklass­iker. Im Erscheinun­gsjahr 1970 konnte man ihn dagegen so schwer einordnen, dass das Schlagerdu­o Cindy & Bert nichts dabei fand, ihn als „Der Hund von Baskervill­e“einzudeuts­chen.

Wer einige der alten Songs noch einmal im Konzert erleben will, hat dazu auch nach dem erneuten Ende der Band Gelegenhei­t, denn Ozzy ist derzeit auch solo auf Abschiedst­our. Die erste dieser Art hatte er bereits 1992 unter dem Motto „No More Tours“gestartet, um sich fortan seiner Familie zu widmen. Da er es aber auch ein gutes Vierteljah­rhundert später einfach nicht lassen kann, heißt die aktuelle Konzertrei­he einfach „No More Tours II“. Mitte Februar 2019 führt sie ihn auch nach München, Frankfurt, Hamburg und Berlin.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Ozzy Osbourne, aufgenomme­n am 16. Juni 2011, bei seinem Konzert in der Münchner Olympiahal­le.

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