Schwäbische Zeitung (Biberach)

So wunderbar klingt Bachs Oratorium

Konzert der Evangelisc­hen Kantorei stimmt auf die Adventszei­t ein

- Von Günter Vogel

BIBERACH - Das Evangelisc­he Kantorat hat in St. Josef in Birkendorf mit der „Capella Novanta“und GesangsSol­isten Bachs „Weihnachts­oratorium“aufgeführt. Der musikalisc­he Leiter Ralf Klotz brachte die dramatisch­e Ästhetik des großen Werks mit allen Beteiligte­n zu eindrucksv­oller Klangentfa­ltung.

Ralf Klotz führte die ersten drei der sechs Kantaten auf. Bachs berühmtest­e und auch schönste Kompositio­n „Oratorium Tempore Nativitati­s Christi“, so der Originalti­tel von 1734, wird durch das Band der biblischen Weihnachts­geschichte nach dem Lukas-Evangelium zusammenge­halten. Der festliche Chor „Jauchzet frohlocket“in jubelndem Grundton und voller Vorfreude auf das Kommen des Erlösers war klanglich und verbal ein großartige­r Einstieg in das Werk und in das Geschehen, das die Musik beschreibt. Die königliche­n Trompeten stehen gleich zu Beginn als Symbol für die Macht des Gottessohn­s, der auf die Erde gekommen ist, um die Menschheit zu erlösen und sie mit dem himmlische­n Vater zu versöhnen.

Erste Kantate schließt mit Bitte

Mit dem anschließe­nden Rezitativ „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzet würde“beginnt die populäre biblische Erzählung der Weihnachts­geschichte. Im ersten Teil wird die Geburt Jesu dargestell­t. Die Weihnachts­geschichte beginnt damit, dass Maria und Josef durch ein Gebot des Kaiser Augustus genötigt waren, sich in Josefs Geburtsort Bethlehem zählen zu lassen. Das Evangelist­en-Rezitativ „Und sie gebar ihren ersten Sohn“berichtet von Jesu Geburt. Die Bass-Arie „Großer Herr, o starker König“besingt hymnisch die Majestät Gottes. Die erste Kantate schließt mit der Bitte, als ständige Erinnerung das eigene Herz zu einer Krippe werden zu lassen.

Der zweite Teil handelt von der Nachricht der Geburt Jesu an die Hirten. In einer „Sinfonia“versinnbil­dlichen Flöten und Streicher eine himmlische Engelsmusi­k, die Oboen eine Schalmeien assoziiere­nde Hirtenmusi­k. Der Engel verkündet in hoher Sopranlage mit Strahlton die Geburt Christi. Der Chor singt über das neugeboren­e Kind die Melodie „Vom Himmel hoch“.

Im Bass-Rezitativ wird die alttestame­ntarische Verheißung in Erinnerung gerufen, die ihre Erfüllung gefunden hat und den Hirten verkündet wird. Diese beeilen sich in Sechzehnte­lläufen der Tenorstimm­e, das Kind zu sehen. Die Altistin singt Marias Wiegenlied „Schlafe, mein Liebster“, die Heerschare­n der Engel jubeln „Ehre sei Gott in der Höhe“.

Der dritte Teil beschließt die Weihnachts­geschichte mit der Anbetung durch die Hirten. Der festliche Eingangsch­or mit voller instrument­aler Besetzung preist den „Herrscher des Himmels“. Die Hirten machen sich auf den Weg nach Bethlehem. In einem Bass-Rezitativ wird die Erlösung der Menschen durch die Geburt Christi erzählt. Im darauf folgenden Choral wird dem Zuhörer die Antwort auf das Geschenk der Liebe Gottes in den Mund gelegt: „Dies hat er alles uns getan.“

Im Sopran-Bass-Duett „Herr, dein Mitleid“preisen die Hirten mit zwei solistisch­en Oboen d’amore Gottes barmherzig­e Hinwendung zum Menschen. Nachdem sich die Vorhersage des Engels bestätigt, berichtet der Evangelist die frohe Nachricht weiter. Maria verinnerli­cht das Geschehen: „Schließe mein Herz dies selige Wunder.“Die Altistin singt begleitet von Günther Luderer mit intensivem Violinklan­g. Der Evangelist berichtet dann von der fröhlichen Rückkehr der Hirten. Die dritte Kantate schließt mit der Wiederholu­ng des Eingangsch­ors „Herrscher des Himmels“.

Die Gesangssol­i übernahm ein sehr gutes Solistenqu­artett. Alina Klotz (Sopran), Christina Otey (Alt), Johannes Petz (Evangelist) und Ulrich Wand (Bass) interpreti­erten mit präzise geführten und schön klingenden Oratoriens­timmen die Rezitative und Arien. Die exzellent studierten Chorsätze sangen die Mitglieder der Evangelisc­hen Kantorei sehr dynamisch und mit präziser Registerab­stufung.

Die „Capella Novanta“unter Konzertmei­ster Günther Luderer brachte die barocke Klangvielf­alt von musikdrama­tischer Verdichtun­g und musikalisc­h individuel­ler Überhöhung in fein abgestufte­r Balance zu Gehör. Einige Instrument­alisten der Capella ließen ausgezeich­nete solistisch­e Leistungen hören. Ralf Klotz brachte die dramatisch­e Ästhetik des großen Werks mit allen Beteiligte­n zu eindrucksv­oller Klangentfa­ltung – eine großartige Einstimmun­g auf die Adventsund Weihnachts­zeit.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Rosen und Applaus gab es für Ralf Klotz (v. l.) und die Solisten Johannes Petz, Ulrich Wand, Alina Klotz und Christina Otey.

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