Schwäbische Zeitung (Biberach)

Enttäuschu­ng sitzt tief

- Von Claudia Kling

Dass Demokratie den Menschen mitunter auch etwas abverlangt, erfahren die CDU-Mitglieder gerade am eigenen Leib. Was vor dem Parteitag in Hamburg als echter Aufbruch bejubelt wurde – die Wahl zwischen drei Kandidaten für den Parteivors­itz zu haben – lässt nun die Risse in der CDU umso deutlicher werden.

Da wird der mit mäßiger Zustimmung gewählte neue Generalsek­retär Paul Ziemiak bereits als „erster Griff ins Klo“bezeichnet. Da machen Gerüchte die Runde, das Mikrofon von Friedrich Merz sei während seiner Bewerbungs­rede absichtlic­h herunterge­dreht gewesen. Es ist offensicht­lich: In der Partei, vor allem in ihrem Wirtschaft­sflügel, gärt es. Die Sehnsucht nach einem furiosen Neuanfang macht es den Merz-Anhängern schwer zu akzeptiere­n, dass zu demokratis­chen Entscheidu­ngen eben auch Niederlage­n gehören.

Insbesonde­re die baden-württember­gische CDU wird den Parteitag in Hamburg nicht so leicht verdauen und zur Tagesordnu­ng übergehen. Merz‘ Finanzexpe­rtise wäre vielen Delegierte­n im wirtschaft­sstarken Südwesten höchst willkommen gewesen. Und nun? Nun müssen sie ihre eigene Enttäuschu­ng heruntersc­hlucken und gleichzeit­ig der Basis erklären, dass es in der CDU auch mit Kramp-Karrenbaue­r an der Spitze kein einfaches „Weiter so“in der Merkelsche­n Tradition geben wird. Und dass natürlich der Abwärtstre­nd auch mit ihr zu stoppen ist. Eine schwierige Aufgabe. Das erklärt, warum einige Parteimitg­lieder bereits öffentlich fordern, Merz auf Biegen und Brechen in der Politik zu halten – am besten als Wirtschaft­sminister am Kabinettst­isch.

Der Ball liegt nun im Feld von Kramp-Karrenbaue­r – und sie darf sich nur wenige Fehlschüss­e erlauben, wenn sie die Partei einen will. Ihre Vorgängeri­n hat ihr, das zeigt sich jetzt sehr deutlich, kein leichtes Erbe hinterlass­en. Die jahrelang erfolgsver­wöhnte Angela Merkel hat den konservati­ven Flügel in der CDU, der mit ihrem Kurs unzufriede­n war, missachtet. Ihre Nachfolger­in Kramp-Karrenbaue­r muss nun die Scherben wegräumen.

c.kling@schwaebisc­he.de

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