Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Neuer Kurs“: CDU sucht schärferes Profil
Kramp-Karrenbauer will Merkel-Kritiker einbinden – Flüchtlingspolitik auf dem Prüfstand
HAMBURG - Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat nach ihrer Wahl erste inhaltliche Akzente gesetzt. Sie kündigte für Januar ein Gespräch zur Flüchtlings- und Sicherheitspolitik an, an dem auch Kritiker des bisherigen Kurses teilnehmen sollen. Ihre unterlegenen Mitbewerber Friedrich Merz und Jens Spahn rief sie auf, eine Spaltung der Partei zu verhindern. Der neue CDUGeneralsekretär Paul Ziemiak sprach von einem „harten Stück Arbeit“, die Partei wieder zu einen.
Der 33-jährige Ziemiak, bislang Chef der Jungen Union, war auf dem CDU-Parteitag mit nur knapp 63 Prozent zum neuen Generalsekretär gewählt worden, nachdem ihn KrampKarrenbauer vorgeschlagen hatte. Seine Berufung gilt als Versuch der neuen Parteichefin, die Anhänger der beiden unterlegenen Kandidaten ins Boot zu holen.
Andere in der Partei setzen auf die Originale. So hofft Baden-Württembergs Landeschef Thomas Strobl darauf, dass auch Merz weiter Politik für die CDU macht. „Er ist ja jetzt nicht aus der Welt, sondern er bleibt der CDU verbunden. Man wird schon darüber sprechen müssen, ob und wie wir ihn stärker für eine aktive Arbeit gewinnen können,“sagte Strobl im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
CSU-Chef Horst Seehofer erwartet nach der Wahl von Kramp-Karrenbauer einen Aufschwung für die Konservativen. Ziemiak bekräftigte im Deutschlandfunk, es werde einen „neuen Kurs“und eine „neue Diskussionskultur“in der Partei geben. Die CDU müsse ihr Profil schärfen und in vielen Fragen eindeutiger Position beziehen. Die neue CDU-Chefin selbst betonte in der ARD, Kanzlerin Angela Merkel „dort, wo es im Interesse der Partei notwendig ist“, Paroli bieten zu wollen. Zudem kündigte sie an, die Flüchtlingskrise aus dem Herbst 2015 parteiintern noch einmal diskutieren zu wollen. Aus den Reihen des Koalitionspartners gab es bereits Warnungen vor einer Wende in der Migrationspolitik. „Abweichungen vom Koalitionsvertrag etwa beim Bleiberecht für Flüchtlinge in Ausbildung und Beruf kommen nicht infrage“, sagte SPD-Vize Uwe Stegner dem Berliner „Tagesspiegel“.
BERLIN (dpa) - Die SPD warnt vor einem dramatischen Rechtsruck in Europa und setzt im Kampf dagegen auf Katarina Barley: Die bisherige Justizministerin ist am Sonntag mit einer Zustimmung von 99 Prozent zur SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl am 26. Mai bestimmt worden. Die 50-Jährige will ihren Kabinettsposten aufgeben und nach der Wahl nach Brüssel wechseln. Zum europäischen Spitzenkandidaten aller sozialdemokratischen Parteien wurde am Samstag in Lissabon der Vizechef der EU-Kommission, der Niederländer Frans Timmermans, gewählt. Der 57-Jährige wird der Rivale des konservativen Kandidaten Manfred Weber (CSU). Beide wollen Nachfolger von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werden.
Die baden-württembergische SPD-Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt kandidiert auf Platz 15, für den eigentlich die frühere badenwürttembergische SPD-Generalsekretärin Luisa Boos vom Bundesvorstand vorgeschlagen worden war. Die verzichtete – und kam nun auf Platz 25.