Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Melodie der Bronchien und Nebenhöhlen
Der Advent ist nicht nur jene Zeit, in der uns auf Schritt und Tritt leise Rieselndes, süßer nie Glockenklingendes oder oh Du Fröhliches verfolgt. Es ist auch die Zeit bemerkenswerter Körpergeräusche, die sich über Bronchien und Nasennebenhöhlen röchelnd Bahn brechen und mitunter explosionsartig die geschäftige Geräuscharmut von Schreibstuben jäh unterbrechen.
Es gibt Menschen, deren Schnäuzgeräusche durchaus weihnachtlichen Charakter besitzen – erinnern sie doch wahlweise an das voluminöse Spiel von Posaunenengeln oder – wenn mehrere Kollegen sich zu einer Art Schnief-Ensemble zusammenfinden – an die Posaunen von Jericho. Diese brachten laut Altem Testament immerhin Stadtmauern zum Einstürzen. Heute ist es höchstens das löchrig gewordene Nervenkostüm empfindlicher Naturen, das erzittert.
Der Husten ist im Chor dieser Laute eine ganz eigenen Kategorie. Denn im Gegensatz zu vielen körperlichen Geräuschmöglichkeiten ist der Husten etwas, das nur äußerst begrenzt unterdrückt werden kann. Opern-, Theater- und Konzertabonnenten wissen ein Lied davon zu singen, wenn Zuschauer bei offenem Vorhang den halben Goethe verhusten oder mit kehligen Lauten dem Tenor in die Arie fallen. Ein wirklich wirkungsvolles Mittel gegen die Symptome der Erkältungszeit hat die Wissenschaft gemäß diverser Studien bis heute nicht gefunden. Also können wir ja gleich Glühwein gegen den Katarrh trinken. Dessen Wirksamkeit ist zwar auch nicht belegt. Aber er schmeckt besser als jeder Hustensaft. (nyf )
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