Schwäbische Zeitung (Biberach)

Großer Frust, kleine Hoffnung

Manche im Merz-Lager setzen nach der Wahlnieder­lage auf sein Comeback als Minister

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Sie hatten es so sehr gehofft. Die Konservati­ven in der baden-württember­gischen CDU waren sich ziemlich sicher, dass Friedrich Merz das Rennen macht. Ihre Vorfreude auf diesen Parteitag war groß, am Vorabend hatten sie schon fast gefeiert, umso schmerzhaf­ter ist ihre Enttäuschu­ng über die Niederlage ihres Hoffnungst­rägers. Von spontanen Parteiaust­ritten gleich am Samstag hört man auf dem Parteitag, in Zahlen aber kann dies niemand belegen.

Während der baden-württember­gische Landeschef Thomas Strobl recht vage Perspektiv­en für eine weitere Mitarbeit von Merz aufmalt, wird die baden-württember­gische Initiative, die Merz unterstütz­t hatte, konkreter: „Merz sollte ins Bundeskabi­nett“, formuliere­n die beiden Initiatore­n, Tim Hauser, CDU-Chef in Esslingen, und der Ravensburg­er CDU-Vorsitzend­e, Christian Natterer, eine Bitte an Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbaue­r. „Wir sind faire Demokraten und akzeptiere­n die Wahl von Annegret Kramp-Karrenbaue­r zur Parteivors­itzenden. Auch werden wir unseren Teil dazu beitragen, dass die CDU wieder geeint und geschlosse­n auftritt. Damit dies gut gelingen kann, muss Friedrich Merz in der Politik bleiben und an herausgeho­bener Stelle eng eingebunde­n werden“, begründet die Initiative, zu der auch Günther Oettinger gehört, ihren dringenden Wunsch.

Der Wangener Landtagsab­geordnete Raimund Haser meint: „In Baden-Württember­g ist das Ergebnis schwerer zu verdauen als sonst wo, denn wir haben einen starken Wirtschaft­sflügel und viele Konservati­ve. Wir müssen weiter für das stehen, was Merz gefordert hat“, so Haser. „Und wir müssen uns über unsere Rolle innerhalb der CDU Gedanken machen, wir müssen über den Parteitag reden.“

Doch es gibt auch jene, die Kramp-Karrenbaue­r jetzt eine Chance geben wollen. „Die neue Bundesvors­itzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbaue­r, ist ein Glücksfall für die Union“, erklärt der Aalener Abgeordnet­e Winfried Mack, CDU-Fraktionsv­ize im Stuttgarte­r Landtag.

„Die Saarländer­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r versteht nicht nur die Mentalität der Baden-Württember­ger, sie denkt und fühlt auch wie wir. Mit anderen Worten: Annegret Kramp-Karrenbaue­r ist eine von uns“, so Mack weiter. Einig sind sich beide Lager aber in dem Wunsch, jetzt wieder über Inhalte zu diskutiere­n.

Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus rief die Partei auf, zur Sacharbeit zurückzuke­hren. Die Union habe sich sehr lange mit sich selbst beschäftig­t. Auch der CSU-Politiker Manfred Weber, der Unionsspit­zenkandida­t für die Europawahl, will, dass alle die Schützengr­äben verlassen. Er forderte: „Der Wille zum Konsens muss das Leitmotiv der kommenden Führung von CDU und CSU sein.“Die neue Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r meint dagegen: „Wir haben eine Entscheidu­ng gehabt, aber nein, die Partei ist nicht gespalten.“

Wichtige Beschlüsse:

Soli: Die CDU will den Soli bis Ende ●

2021 vollständi­g abschaffen. Bisher ist nur eine Abschaffun­g für 90 Prozent der Steuerzahl­er vorgesehen, für Spitzenver­diener nicht. Schluss mit Doppelverb­eitragung: ● In der Altersvors­orge fordert die CDU ein Ende der doppelten Beiträge für Kranken- und Pflegekass­en, die derzeit Rentner bei der Auszahlung von Betriebsre­nten entrichten müssen.

Migrations­debatte: Der Parteitag ● verabschie­dete den Antrag des Parteivors­tandes zum Migrations­pakt. Der begrüßt das Abkommen, das für eine bessere Steuerung von Migration sorgen soll, und betont, dass daraus keine neuen Verpflicht­ungen für Deutschlan­d entstehen. „Die nationale Souveränit­ät Deutschlan­ds steht nicht zu Dispositio­n.“

Pflege: Der Antrag des CDU-Bundestags­abgeordnet­en ● Lothar Riebsamen wurde angenommen, ein großes Modellproj­ekt (mindestens zehn Einrichtun­gen) zur Kurzzeitpf­lege zu starten, das die Pflege nach Krankenhau­saufenthal­t und besonders die Kurzzeitpf­lege bei Verhinderu­ng der Angehörige­n fördert. Die Pflegevers­icherung soll dies finanziere­n.

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FOTO: KAY NIETFELD Verlierer und Gewinnerin: Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbaue­r.

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