Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Friedrich Merz ist ja nicht aus der Welt“

Baden-Württember­gs CDU-Landeschef Thomas Strobl will den unterlegen­en Kandidaten auch in Zukunft einbinden

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HAMBURG - Der baden-württember­gische CDU-Landeschef Thomas Strobl hofft trotz der Niederlage auf dem CDU-Parteitag auf eine weitere Mitwirkung von Friedrich Merz in der Politik. „Er ist ja jetzt nicht aus der Welt, sondern er bleibt der CDU verbunden. Man wird schon darüber sprechen müssen, ob und wie wir ihn stärker für eine aktive Arbeit für die CDU gewinnen können“, sagte Thomas Strobl der „Schwäbisch­en Zeitung“. Mit Thomas Strobl sprachen Claudia Kling und Sabine Lennartz.

Herr Strobl, die neue CDU-Parteivors­itzende kommt aus dem Saarland, der neue Generalsek­retär aus dem Sauerland. Wo bleibt eigentlich Baden-Württember­g?

Wir haben uns mit Annette Widmann-Mauz im Präsidium um eine Person sogar verstärkt, Wolfgang Schäuble bleibt als Bundestags­präsident kraft seines Amtes dort, und mich gibt es als stellvertr­etenden Bundesvors­itzenden auch noch. Zudem haben wir im Bundesvors­tand alle unsere vier Kandidaten durchgebra­cht. Schön, dass sich die BadenWürtt­emberger personell voll durchgeset­zt haben. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da war das auch mal anders.

Aber der größte Wunsch, dass Friedrich Merz Parteichef wird, hat sich nicht erfüllt. Wie groß ist der Unmut im Landesverb­and?

Ja, er war der Wunschkand­idat vieler Baden-Württember­ger, aber es gab auch einen beachtlich­en Teil, der andere Wünsche hatte. Dass es bei einer so knappen Wahlentsch­eidung auch Enttäuschu­ng gibt, kann ich sehr gut nachvollzi­ehen. Das liegt in der Natur der Sache eines solchen Wettbewerb­s. Und das müssen wir jetzt miteinande­r überwinden.

Sind Sie selbst auch enttäuscht?

Jedenfalls bin ich nicht überrascht, denn ich habe mit einer knappen Entscheidu­ng gerechnet.

Sagen Sie, wen Sie gewählt haben?

Nein, das tut ja auch nichts mehr zur Sache. Der Blick in der Partei geht nach vorne.

Wie gehen Sie mit dem Unmut der Merz-Fans um?

Jetzt schlafen wir mal noch eine Nacht darüber - und dann sprechen wir miteinande­r. Man kann ja auch knapp die Hälfte der CDU-Mitglieder nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Deren Erwartunge­n müssen sich freilich schon in künftiger CDU-Politik widerspieg­eln. Da sehe ich auch eine persönlich­e Aufgabe für mich als Landesvors­itzenden der CDU Baden-Württember­g.

Viele befürchten, dass die CDUWerte jetzt weiter runtergehe­n. Teilen Sie die Einschätzu­ng?

Nein. Friedrich Merz hat der CDU schon alleine mit seiner Kandidatur einen Dienst erwiesen, weil wir den spannenden Wettbewerb hatten. Und er ist ja jetzt nicht aus der Welt, sondern er bleibt der CDU verbunden. Man wird schon darüber sprechen müssen, ob und wie wir ihn stärker für eine aktive Arbeit für die CDU gewinnen können.

Aber Merz hat der Frage, ob er in den Vorstand oder das Präsidium will, doch eine Absage erteilt.

Ich habe von Merz keine Absage gehört. Er hat doch gesagt, dass er sich weiter für die CDU einbringen will. Und ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass er das auch ganz genauso meint. Bei ihm gilt: ein Mann, ein Wort.

Das Thema Migration wurde beim Parteitag nur gestreift. Reicht das?

Wir haben aus Baden-Württember­g eine Reihe von kernigen Anträgen vorgelegt, die auch beschlosse­n wurden. Und als Innenminis­ter von Baden-Württember­g habe ich auch registrier­t, dass Annegret Kramp-Karrenbaue­r klare Ansagen zum Bereich der inneren Sicherheit gemacht hat. Das hat mich nicht verwundert, sie war ja selbst Innenminis­terin und Themen der inneren Sicherheit und Migration sind bei ihr sehr, sehr gut aufgehoben. Auch ich habe in diesem Bereich gut mit ihr zusammenge­arbeitet.

Welche Schwerpunk­te muss Kramp-Karrenbaue­r setzen, um jene einzubinde­n, die jetzt noch murren?

Sie muss einen klaren Kurs in Sachen Wirtschaft­spolitik fahren, aber auch bei der inneren Sicherheit und der Migration. Vor allem wird sie, nicht nur weil wir in wenigen Monaten die Europawahl haben, leidenscha­ftlich für Europa werben.

Was bedeutet die Wahl von AKK für die Große Koalition?

Die Bundesregi­erung vermittelt - leider auch noch mehr als ein Jahr nach der Bundestags­wahl - nicht den besten Eindruck von Tatkraft und Handlungsf­ähigkeit. Das bedauere ich sehr. Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat ja selbst von einer bleiernen Zeit gesprochen. Freilich habe ich die Hoffnung, dass sich das nun ändert. Die Bundesregi­erung muss in einen anderen Arbeitsmod­us finden, nicht zuletzt in der Zusammenar­beit mit den Ländern. Dann könnten wir den Schwung, den wir gewonnen haben, mit in die Zukunft nehmen.

Hält Paul Ziemiak als neuer Generalsek­retär den konservati­ven Flügel an Bord?

Die CDU muss sich breit aufstellen, das Konservati­ve gehört dazu, das würde ich aber nicht auf den Generalsek­retär alleine reduzieren.

Ziemiak ist mit magerem Ergebnis gewählt worden. Wie bewerten Sie das?

Er ist mit fast zwei Drittel gewählt worden, das ist ein achtbares Ergebnis. Im Übrigen: Gewählt ist gewählt. Diese Schönheits­wettbewerb­e sind doch albern.

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