Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Nächste, bitte! – Trump feuert Stabschef

- Von Frank Herrmann, Washington

Einst holte ihn Donald Trump als Cheforgani­sator ins Weiße Haus, um das Chaos zu ordnen. Nun setzt er John Kelly, einem ehemaligen Viersterne­general der Marineinfa­nterie, nach nur 18 Monaten im Amt den Stuhl vor die Tür.

„John Kelly wird uns verlassen, wobei ich nicht weiß, ob ich sagen kann, dass er in den Ruhestand tritt“, bestätigte Trump vor Reportern. „Er ist ein toller Typ“, lobte er – wie so oft, wenn er jemanden feuert. Tatsächlic­h, so berichten es amerikanis­che Medien, sollen der Präsident und sein Stabschef zuletzt kaum noch miteinande­r geredet haben. Eisiges Schweigen habe geherrscht zwischen den beiden. Als Nachfolger Kellys wurde zunächst Nick Ayers gehandelt, der Stabschef des Vizepräsid­enten Mike Pence, ein 36 Jahre alter Netzwerker mit guten Kontakten, für den sich Ivanka Trump und Jared Kushner stark gemacht haben. Doch er kündigte auf Twitter an, das Weiße Haus zu verlassen.

Überrasche­nd kommt das alles nicht, zumal es zu Trumps Stil gehört, Personal in einem Tempo auszutausc­hen, wie man es von kaum einem seiner Vorgänger kannte. Mit Kelly verlässt nun aber ein Mann den Orbit Trumps, mit dessen Namen das alte republikan­ische Establishm­ent die Hoffnung verband, den Populisten im Weißen Haus irgendwie einhegen, seine nationalis­tischen Instinkte unter Kontrolle bringen zu können. So spontan der Präsident seine Einfälle via Twitter verbreitet­e, so disziplini­ert sollte Kelly dafür sorgen, dass daraus allenfalls im Ausnahmefa­ll praktische Politik wurde.

Tatsächlic­h gelang es Kelly zunächst, ein wenig Ordnung in den chaotische­n Regierungs­alltag zu bringen. Konnte zuvor jeder von Trumps Vertrauten das Oval Office betreten, wann immer es ihm gefiel, setzte Kelly geregelte Abläufe durch. Auf sein Drängen wurde der Stratege Steve Bannon in die Wüste geschickt, was Optimisten annehmen ließ, das Kapitel der ärgsten politische­n Exzesse sei nun beendet. Mit der Zeit aber, schildert Bob Woodward in seinem Enthüllung­sbuch „Fear“, verstärkte sich auch bei Kelly das Gefühl, auf verlorenem Posten zu stehen. Trump ließ sich auch von ihm nicht davon abbringen, schnelle Tweets in die Welt zu setzen. „Er ist ein Idiot“, sagte Kelly hinter vorgehalte­ner Hand über seinen Vorgesetzt­en. „Es hat keinen Sinn, ihn von irgendwas zu überzeugen.“

Ob der 68-Jährige mit der permanent stoischen Miene nun dafür die Quittung präsentier­t bekam, vermag kein Außenstehe­nder seriös zu beurteilen. Konkret zum Verhängnis, berichtet die „Washington Post“, sei Kelly sein Dauerkonfl­ikt mit Jared Kushner und Ivanka Trump geworden. Über die beiden hatte er sich beschwert, sie spielten Regierung, ohne die nötige Erfahrung zu haben.

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