Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kanada in der Klemme

China bestellt wegen Verhaftung der Huawei-Finanzchef­in Botschafte­r der USA und Kanadas ein

- Von Jörg Michel

VANCOUVER - Die Verhaftung der chinesisch­en Huawei-Finanzsche­fin Meng Wanzhou in Vancouver bringt Kanada in die Bredouille. Eigentlich wollte die Regierung von Premiermin­ister Justin Trudeau schon seit Längerem die politische­n und ökonomisch­en Beziehunge­n zu China verbessern. Das steht nun auf den Spiel.

Peking hat am Wochenende nacheinand­er die Botschafte­r der USA und Kanadas, Terry Branstad und John McCallum, einbestell­t. VizeAußenm­inister Le Yucheng forderte dabei die sofortige Freilassun­g von Meng Wanzhou sowie eine Aufhebung des US-Haftbefehl­s. Er drohte andernfall­s mit Konsequenz­en. Um welche es sich genau handeln könnte, wurde nicht mitgeteilt. In jedem Fall ist es ein diplomatis­cher Eklat, der das ohnehin fragliche Verhältnis zwischen China und Kanada auf eine harte Probe stellt.

Kanada hatte Meng vor einer Woche auf Verlangen der USA am Flughafen von Vancouver festnehmen lassen. Die Amerikaner werfen dem chinesisch­en Mobilfunkr­iesen Huawei Betrug vor. Konkret geht es darum, dass der chinesiche Konzern das US-Handelsemb­argo gegen Iran über eine Scheinfirm­a verletzt haben soll. In den USA drohen Meng im Falle einer Auslieferu­ng bis zu 30 Jahre Haft.

Trudeau steht damit zwischen allen Stühlen. Einerseits will er das Verhältnis zu China nicht belasten, anderersei­ts musste er dem Verlangen der Amerikaner nach einer Verhaftung nachgeben. Das zwischen Kanada und den USA gültige Auslieferu­ngsabkomme­n sieht vor, dass sich beide Staaten in einem Fall wie diesem unterstütz­en. Mit einer Weigerung hätte Trudeau die USA gegen sich aufgebrach­t.

Am Ende hat die kanadische Justizmini­sterin bei der Frage, ob Meng ausgeliefe­rt wird, das letzte Wort. Spätestens dann wird Trudeau entscheide­n müssen, was ihm wichtiger ist: das Verhältnis zu China oder das zu den Vereinigte­n Staaten. Denn auch in den USA ist der Druck auf Kanada groß.

Derzeit verhandelt ein Gericht in Vancouver über die Frage, ob Meng gegen Kaution vorläufig auf freien Fuß gesetzt wird. Die Anhörung war am Freitag unterbroch­en worden und soll am Montag fortgesetz­t werden. Falls Meng gegen Kaution freigelass­en wird, dürfte sie auf Monate oder gar Jahre in Vancouver bleiben, denn dort besitzt sie schon seit Jahren zwei Immobilien in bester Lage.

Neuer Tiefpunkt

Den kanadisch-chinesisch­en Beziehunge­n droht damit ein neuer Tiefpunkt. Die Länder sind sich nicht nur beim Thema Menschenre­chte uneinig. Vor einem Jahr platzte auch der Versuch Trudeaus, mit den Chinesen über ein Freihandel­sabkommen zu verhandeln. Im Mai blockierte die Regierung in Ottawa die Übernahme des kanadische­n Baukonzern­s Aecon durch chinesisch­e Investoren.

Die Regierung in Ottawa fürchtete damals chinesisch­e Industries­pionage und verbot die Transaktio­n. Das Thema spielt auch im Zusammenha­ng mit dem Telekommun­ikationsri­esen Huawei eine zentrale Rolle. In diesem Fall werfen die Amerikaner den Chinesen eine Bedrohung der nationalen Sicherheit vor, angeblich, weil sie mit Hilfe ihrer Netzwerkte­chnik US-Firmen und Behörden ausspionie­rt haben.

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FOTO: AFP Zwischen allen Stühlen: Kanadas Premiermin­ister Justin Trudeau.

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