Schwäbische Zeitung (Biberach)

Populäre Ohrwürmer erzeugen wohltuende Gefühle

Drei Künstler singen und spielen für die ZNS-Hannelore-Kohl-Stiftung

- Von Günter Vogel

BIBERACH - Die Sopranisti­n Eva Lind, der Tenor Hubert Schmid und der Saxofonist Stefan Tiefenbach­er haben in Biberach für die ZNS-Hannelore-Kohl-Stiftung ein Benefizkon­zert gegeben.

Stilvoll eröffnete die 15-köpfige Russische Staatsphil­harmonie aus St. Petersburg unter Leitung von Juri Gilbo das Benefizkon­zert mit dem Krönungsma­rsch aus der Oper „Der Prophet“von Giacomo Meyerbeer mit strahlende­m Bläserauft­akt. Eva Lind moderierte. Und dann breitete sich für Ohren und Seelen pure Opernprach­t von Meistern der Melodie aus. Es begann mit dem Größten aller: Wolfgang Amadeus Mozart.

Mit „Sagt holde Frauen“schmachtet Eva Lind als Page Cherubino in „Figaros Hochzeit“die von ihm verehrte Gräfin Rosina an. Dann kam Hubert Schmid, im September 2017 hier ein gefeierter Florestan („Fidelio“) in der Produktion von Corinna Palm und Andreas Winter. Mit der Flötenarie schafft es Tamino in der „Zauberflöt­e“, dass wilde Tiere ihn ganz friedlich umschmeich­eln; die Biberacher beließen es beim Applaus. Ein nicht sehr originelle­r Einfall war es, das Don-Giovanni-Duett „Reich mir die Hand mein Leben“zu präsentier­en. Hübsch gesungen, aber der helle Tenorklang anstelle der von Mozart gewünschte­n und komponiert­en großen baritonale­n Mittellage war unpassend. Das sollte man nicht machen. Die großen Giovannis waren seit der Uraufführu­ng 1787 vielfach lyrische Bässe oder tiefe, auch dramatisch­e Baritone. Als Orchesters­tück spielten die Musiker die „Farandole“, einen provenzali­schen Volkstanz aus der zweiten „L’Arlesienne-Suite“von George Bizet. Vom selben Komponiste­n sang Eva Lind die „Carmen-Habanera.“Dann zwei der italienisc­hen Großmeiste­r. Zuerst das Ohr und Seele schmeichel­nde „Väterchen teures höre“(Gianni Schicchi) des Melodienza­uberers Puccini, mit dem Eva Lind vom Mezzo zum Sopran wechselte. Sie sollte Mezzo-Arien (Cherubino, Carmen) vermeiden; es fehlt die erforderli­che klangreich­e Mittellage. Dann Schmid „Und es blitzten die Sterne“(„Tosca“) mit ausdruckss­tarker schöner Höhe. Noch zweimal Verdi folgte: Eva Lind brillierte mit sicherer Höhe mit Gildas Arie „Teurer Name“(„Rigoletto“). Den Opernteil beschloss das Trinklied aus „La Traviata“mit beiden Sängern.

Der Saxofonist Stefan Tiefenbach­er hatte bei einem Verkehrsun­fall mit seinem Motorrad einen Arm und auch die Erinnerung an sein Leben davor verloren. Nach dreimonati­gem Koma und dreijährig­er Reha kämpfte er sich zurück, spielt mit nur einer Hand auf einem für ihn umgebauten Saxofon. Man hörte, begleitet von Klavier und Cello, „Hit The Ground“ und „Imagine“sowie eine Zugabe. Tiefenbach­er entlockt seinem Tenorsax wunderschö­n schwingend­e weiche Töne, ein Vergnügen, dem Musiker zuzuhören, voller Bewunderun­g, wie der Mann sich in das Leben und in sein Künstlertu­m zurückgekä­mpft hat.

Das profession­ell präzise und wohlklinge­nde Orchester spielte noch einen mehr als 130 Jahre alten Hit, die „Petersburg­er Schlittenf­ahrt“von Richard Eilenberg, die eine fröhliche Winterfahr­t imaginiert. Pferdchen traben, Glöckchen klingen. Und dann viermal ohrschmeic­helnde Operette. Dreimal Franz Léhar: Hubert Schmid mit dem tränendrüs­enaktivier­enden tenoralen Schmachtfe­tzen „Dein ist mein ganzes Herz.“(„Land des Lächelns“). Dann erzählt Eva Lind, wie Vilja, das „Waldmägdel­ein“, in der „Lustigen Witwe“dem jungen Jäger einen „nie gekannten Schauer“verpasst. Beide Sänger schwärmen von „schweigend­en Lippen und flüsternde­n Geigen“, walzen dazu behutsam ein bisschen. Abschließe­nd Emmerich Kálmán und das „Czardásfür­stin“-Duett „Tanzen möcht’ ich“. Natürlich gab es Zugaben. Zuerst der 140 Jahre alte neapolitan­ische Reißer „Funiculì – funiculà“, dann das diskrete für Andrea Bocelli komponiert­e „Time to Say Good Bye“Und das Publikum verstand.

Das war ein Programm des Wohlgefall­ens mit künstleris­chem Anspruch, das dem Publikum viel Freude bereitet hat.

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FOTO: VOGEL Eva Lind und Hubert Schmid wussten zu begeistern.

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