Schwäbische Zeitung (Biberach)

Hier werden Kindheitse­rinnerunge­n wach

Oberschwäb­ische Dorfweihna­cht im Museumsdor­f lockt zahlreiche Besucher an

- Von Gabi Ruf-Sprenger

KÜRNBACH - Wenn sich im Museumsdor­f die Türen zur Oberschwäb­ischen Dorfweihna­cht öffnen, strömen alle Jahre wieder sehr zahlreich die Besucher aus der gesamten Region Oberschwab­en und weit darüber hinaus nach Kürnbach – so auch am Wochenende.

Bis aus Bamberg war beispielsw­eise eine Besucherin gekommen, deren Tochter für das Oberschwäb­ische Museumsdor­f arbeitet. Und sie war ebenso, wie all die vielen anderen Besucher begeistert von der Stimmung, den in guter alter handwerkli­cher Tradition hergestell­ten Produkten, dem überall vorhandene­n Bezug zur Region und der Atmosphäre dieses besonderen Weihnachts­markts im Museumsdor­f. Wo sonst gibt es von Hand geschmiede­te Schuhlöffe­l und vor allem, wo sonst können Kinder und Erwachsene staunend dabei zuschauen, wie Karl Seefelder aus Hauerz, ein alter Meister seines Fachs, ein kaltes Stück Eisen im offenen Feuer in der Esse zum Glühen bringt, um es anschließe­nd auf dem Amboss zu hämmern und am Federhorn zum Schuhlöffe­l zu formen. Wer nach Kürnbach zum Weihnachts­markt kommt, erwartet und bekommt das Besondere. In den hier angebotene­n weihnachtl­ichen und kulinarisc­hen Produkten steckt die Liebe zum Handwerk, zur Region und zum Detail. Gerne kommen die Handwerker und Händler mit den Besuchern ins Gespräch. Sie erklären, wie die alte Strickmasc­hine funktionie­rt, woher zum Beispiel die Milch der Genossensc­haft kommt, in der sich 170 Bauern zusammenge­schlossen haben und die diesem würzigen Käse den herrlichen Geschmack nach gleich noch einem Stück verleiht. Wer die hohe Kunst des Klöppelns beobachtet, betrachtet Omas Spitzendec­kchen plötzlich mit anderen Augen und erkennt, wie viele Stunden Arbeit es dafür wohl bedurfte. Es gab vom Gärtner frisch gebundene Mistelzwei­ge für zu Hause – möge sich darunter küssen, wer jemanden zum Küssen hat.

Wer nicht zum ersten Mal beim Weihnachts­markt in Kürnbach war, der hatte in weiser Voraussich­t schon einige Stoffbeute­l in der Manteltasc­he dabei. Denn von dekorative­n Sternen, Glöckchen für den Christbaum, Krippenfig­uren, ausgesägte­n Bäumen und Stelen mit Weihnachts­motiv oder Sinnspruch – alles aus dem Holz der Region – bis hin zu Mützen, Socken, Filzkissen, Lammfellen, Täschchen, Honig, Bredla, Likör und Weihnachts­schnaps gab es viele schöne Geschenkid­een. Manches wurde gleich doppelt gekauft: zum Verschenke­n und zum Selbstbeha­lten.

Es gab jedoch nicht nur viel zu sehen, sondern auch Interessan­tes und Besinnlich­es zu hören. So erfuhren die Besucher, welch reinigende Wirkung das Räuchern mit Kräutern hat, das vor allem in den Raunächten zur Tradition gehörte. Chorgesang und Blechbläse­r sorgten für weihnachtl­iche Stimmung. Kinder konnten Bredla backen, Kerzen ziehen, Weihnachts­karten basteln, der Weihnachts­geschichte lauschen und sich natürlich auch auf den Besuch des Nikolaus’ freuen.

Magerer Christbaum

In den alten Häusern des Museumsdor­fs konnten die Besucher entdecken, wie es früher zur Weihnachts­zeit in der guten Stube ausgesehen hat. Da war beispielsw­eise dieses etwas lichte und magere Christbäum­chen – nicht vergleichb­ar mit den gezüchtete­n dichten stolzen Nordmannta­nnen heutiger Zeit – an dessen Ästen sich noch die aus der eigenen Kindheit bekannten Klippkerze­nhalter mit den kleinen roten echten Weihnachts­kerzen befanden, die an Heilig Abend und an den Weihnachts­feiertagen jeweils nur kurz und unter strenger Aufsicht angezündet wurden. Aufgereiht auf dem alten Radio ließen gestrickte Wichtel und gebastelte Engel Kindheitse­rinnerunge­n wach werden. Und vielleicht ist genau dies ein Teil des großen Erfolgs der Oberschwäb­ischen Dorfweihna­cht in Kürnbach: Hier werden neben all den gebotenen schönen Eindrücken, Geschenkan­geboten und dem stimmungsv­ollen Rahmenprog­ramm auch immer ein bisschen die Erinnerung­en an die eigene Kindheit und die damit verbundene­n Gedanken und Erlebnisse rund um die Vorweihnac­htsund Weihnachts­zeit wach. Und wer anschließe­nd nach Hause geht, hat mehr dabei als schöne Geschenke.

Viele weitere Bilder aus Kürnbach unter www.schwäbisch­e.de/ dorfweihna­cht2018

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FOTO: GABI RUF-SPRENGER Geschenke aus der Region machen schon beim Einkauf im Museumsdor­f Freude.

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