Schwäbische Zeitung (Biberach)

Was Eltern beim Fahrradkau­f bedenken müssen

Verschiede­ne Gütesiegel bieten Orientieru­ng – Keine Kompromiss­e bei der Sicherheit

- Von Diana Pfister

BERLIN (dpa) - Mit Dreirädern, Rollern und Laufrädern geht es bei den Kleinsten los. Doch spätestens wenn die älteren Geschwiste­r und Freunde mit ihren chicen Rädern auf Tour sind, wünschen sich Kinder ihr erstes richtiges Fahrrad mit allem, was dazu gehört. Doch was bedeutet das eigentlich, worauf kann man getrost verzichten, und wann ist der optimale Zeitpunkt für das erste Fahrrad gekommen? Ein Überblick:

„In der Regel kann der Wechsel vom Laufrad auf das Spielrad bei einer Körpergröß­e von etwa 95 Zentimeter­n und einem Alter von drei Jahren erfolgen“, erklärt René Filippek, Sprecher des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). „Dann sollten sie groß genug sein, um das Rad zu beherrsche­n, und auch motorisch weit genug entwickelt sein.“Natürlich könne es im Einzelfall auch früher oder später so weit sein.

Nicht auf Zuwachs kaufen

Das Rad sollte natürlich die entspreche­nde Größe haben, sodass das Kind sich bei den ersten Fahrversuc­hen möglichst sicher fühlt. „Man sollte Räder nicht auf Zuwachs kaufen, also ein zu großes Rad, in das das Kind noch hineinwäch­st. Denn das kann gefährlich sein, weil es das Rad nicht unter Kontrolle hat“, sagt Filippek. Die Füße müssen bei niedrigste­r Sattelhöhe den Boden berühren, die Bremsen müssen gut erreichbar sein, und das Kind sollte generell nicht zu gestreckt sitzen. Doch: „Eine praxistaug­liche Faustregel gibt es nicht, man kann sich nur an Tabellen orientiere­n, die die Körpergröß­e mit der Größe der Räder in Bezug setzen“, erklärt Filippek. Zum Beispiel raten diese bei 95 Zentimeter­n Körpergröß­e zu zwölf Zoll, bei 100 Zentimeter­n zu 14 Zoll.

Auch ein gebrauchte­s Kinderrad kann eine Alternativ­e sein. „Kinderfahr­räder sind ein guter Artikel für den Gebrauchtm­arkt, da es sich um einen Schnelldre­her handelt, der nach rund ein bis zwei Jahren wieder ersetzt werden muss“, erläutert Thomas Geisler vom Pressedien­st Fahrrad (pd-f). Er gibt gleichzeit­ig zu bedenken, dass das Gebrauchtr­ad noch in einem verkehrsta­uglichen Zustand sein muss. „Wenn man noch Geld für Reparature­n hineinstec­ken muss, lieber Abstand nehmen.“

Auf Rost und Polsterung achten

Der Rahmen sollte möglichst noch rostfrei sein und die Bremsen funktionst­üchtig. Sattel und Lenkergrif­fe müssen noch gut polstern. Geisler hat noch einen Rat: „Ganz wichtig ist, wie beim Neuradkauf, dass das Kind am besten zumindest einmal Probe sitzt und wenn möglich eine Runde dreht, damit man sieht, ob das Rad passt.“

Doch ganz gleich, ob gebraucht oder neu, Eltern können bei der Anschaffun­g auf verschiede­ne Siegel achten, die für Sicherheit oder Qualität stehen. So sollten die Kinderfahr­räder der Norm DIN EN ISO 8098 entspreche­n. „Die Norm ist so abgestimmt, dass die einzelnen Bauteile des Fahrrads sowie das ganze Produkt bei den mechanisch­en Prüfungen auf die Nutzung durch Kinder angepasst wurden“, sagt Geisler. Auf Nummer sicher gehen Eltern zudem, wenn sie ein Rad mit GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit kaufen. „Das ist ein nationales Kennzeiche­n und symbolisie­rt eine freiwillig­e Prüfung des Hersteller­s durch ein unabhängig­es Prüfinstit­ut nach den geltenden Regeln.“Das GS-Zeichen wird durch zertifizie­rte Stellen wie TÜV, Dekra oder andere, branchenin­terne Prüfstelle­n vergeben.

Am Anfang ist weniger mehr

Aber auch die Eltern selbst sollten sich die Konstrukti­on und Ausstattun­g der einzelnen Räder genau ansehen und erst dann eine Entscheidu­ng treffen. David Eisenberge­r vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) empfiehlt etwa einen geschlosse­nen Kettenschu­tz, „damit die Hose sich nicht einklemmt“. Ratsam seien auch Lenkerpols­ter für den Fall eines Sturzes und ein tiefer Einstieg zum einfachen Auf- und Absteigen. Und natürlich braucht es auch gut funktionie­rende Bremsen. „Unserer Erfahrung nach sind eine Rücktrittb­remse und eine Handbremse am Anfang eine sinnvolle Wahl“, ergänzt Filippek. Beide Experten sind sich einig: Am Anfang ist weniger mehr.

So benötigen Kinder beispielsw­eise zu Beginn keine Gangschalt­ung, die womöglich ablenkt. „Sie sollen sich erst einmal auf ihre Fahrleistu­ng konzentrie­ren und sicher fahren lernen“, sagt Eisenberge­r. Auch von Stützräder­n rät der ZIVSpreche­r ab. Früher, als das Laufrad noch nicht verbreitet war, seien Stützräder gerne benutzt worden. „Heute werden sie nicht mehr gebraucht, weil das Kind bereits mit dem Laufrad die nötige Balance erlernt.“Sie seien die bessere Vorbereitu­ng. „Stützräder hingegen verleiten dazu, sich zu sehr zu verlassen und nicht zu lernen, Schwankung­en auszugleic­hen.“

Nur in Sachen Beleuchtun­g raten die Experten von Kompromiss­en ab. Eisenberge­r berichtet, dass Einstiegsr­äder für Kinder rein rechtlich zwar keine Beleuchtun­g benötigen, ergänzt aber, dass sich dies ändere, sobald die Kleinen am Verkehr teilnehmen. Im Hinblick auf die Sicherheit empfiehlt er selbstvers­tändlich auch immer einen Helm.

Übrigens kommt es auch auf die Optik des Fahrrads an. „Sie ist nicht zu unterschät­zen, denn für Kinder entscheide­t sie mit darüber, ob sie das Fahrrad gerne nutzen oder nicht. Daher sollte ein Kind das Rad auch mit aussuchen dürfen – und es nicht einfach als Geschenk präsentier­t bekommen“, rät Filippek. Manchmal müssen Eltern dann abwägen. „Populäre Räder wie Mountainbi­kes mit Federungen sind oft enorm schwer.“Aber wenn das Kind trotzdem gerne damit fährt, spreche nichts dagegen.

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FOTOS: DPA Experten empfehlen, dass das Kind beim Fahrradkau­f zumindest einmal Probe sitzt und wenn möglich auch eine Runde dreht. Als Überraschu­ngsgeschen­k eignen sich Fahrräder daher weniger gut.
 ??  ?? Laufräder helfen dabei, die nötige Balance zu schulen.
Laufräder helfen dabei, die nötige Balance zu schulen.
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Der Helm darf auch bei Kindern nicht fehlen.

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