Schwäbische Zeitung (Biberach)
Bei Kindersitzen im Auto penibel auf Gurtführung achten
Fast jedes zweite Kind unter zwölf Jahren fährt nicht richtig gesichert mit
BERLIN (dpa) - Wer seine Kinder auf dem Kindersitz im Auto transportiert, kann viel falsch machen. Die größten Fehler passieren bei der Gurtführung, erläutert Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Bei der Sitzbefestigung laufen die Gurte oft nicht durch die richtigen Öffnungen oder sind zu schlaff angezogen. Wie aber geht’s richtig?
Zu unterscheiden ist zwischen Einbau des Sitzes und Sicherung des Kindes. Nur bei den Klasse-2/3-Sitzen (Kinder der Gewichtsklasse von etwa 15 bis 36 Kilo) ist das dasselbe. „Da sichert der Gurt sowohl den Sitz als auch das Kind“, erklärt Brockmann. Hier muss nicht nur der Beckengurt unter zwei Höckern durchgeführt werden, sondern auf der Seite des Gurtschlosses auch der Schultergurt. „Das wissen viele nicht“, sagt der Experte. Der Gurt muss zudem richtig straff gezogen werden und etwa in Schlüsselbeinhöhe verlaufen. Viele Sitze haben dort noch eine Führung.
Bei Babyschalen (Klasse 0/0+) und Klasse-1-Sitzen (9 bis 18 Kilo) wird zuerst der Sitz mit den Autogurten oder am Isofix-Befestigungssystem fixiert. „Mit Isofix sitzt der Sitz optimal straff drin.“Ohne Isofix muss der Autogurt den Sitz halten. Teilweise muss der Kindersitz dazu vorgeklappt werden. „Die Gurtführung kann sehr kompliziert und friemelig sein“, sagt Brockmann. Häufig würden etwa Becken- und Schultergurt vertauscht, oder der Gurt sei zu locker oder verdreht.
Wenn man den Schultergurt durchführt, muss man ihn meist mit einer Klammer in einer Position fixieren. „Man muss aber immer noch einmal am Sitz wackeln, der muss richtig straff drinsitzen.“Denn selbst dann schnellt der Sitz bei einem Unfall noch durch die Wucht einige Zentimeter nach vorn. Das Kind wird dann durch die Hosenträgergurte des Sitzes gehalten. Mit einer Zunge lassen sich diese Gurte unten straffziehen. „Das Problem ist, dass das Kind das in der Regel nicht mag – aber es ist wirklich nötig“, erklärt Brockmann. Und Babyschalen müssen immer entgegen der Fahrtrichtung eingebaut werden.
Fast jedes zweite Kind unter zwölf Jahren (48 Prozent) fährt nicht richtig gesichert im Kindersitz, hat eine aktuelle Stichprobe im Auftrag der UDV ergeben. „Das Hauptproblem ist, dass die Leute Fehler machen und es nicht besser wissen“, so Brockmann. Meist gäben die Hersteller zwar eine ausführliche Anleitung mit, doch die sei oft nur schwer verständlich.
Er plädiert daher für Anleitungsfilme und Beratung: „Lassen Sie sich beim Kauf der Sitze deren korrekten Einbau mit den Gurten ausführlich im Fachhandel zeigen“, rät der Unfallforscher. Bei einem gebrauchten Sitz gelte es, den Vorbesitzer in die Pflicht zu nehmen. Fehle bei Secondhand-Sitzen die Anleitung, könnten Autofahrer den Hersteller danach fragen.
Etwa jeder Fünfte (20 Prozent) bei der Stichprobe war sich der Fehler bei der Kindersicherung bewusst und nannte Zeitnot oder eine nur sehr kurze Fahrtstrecke als Gründe. Die TU Berlin hatte im Auftrag der UDV zwischen Juni 2016 und September 2017 insgesamt 1042Personen befragt und bei ihnen den Kindersitz überprüft.