Schwäbische Zeitung (Biberach)
Frankreichs prominentester Lastwagenfahrer
Eric Drouet könnte nach seiner vorübergehenden Festnahme zum Märtyrer der Gelbwesten werden
PARIS - Wenn Eric Drouet in der Fahrerkabine seines Lastwagens seine Videos aufnimmt, ist das Handynetz meist schlecht. Der 33-Jährige wartet deshalb ein bisschen, bevor er anfängt zu sprechen. „Ich bin angeekelt“, sagte er vergangenen Samstag und zupfte an seinem Vollbart. „Man macht uns ständig nieder.“
„Uns“, das sind die Gelbwesten, deren inoffizieller Anführer Drouet ist. Der Lkw-Fahrer hatte schon im Oktober erste Videos veröffentlicht, in denen er gegen die Erhöhung der Ökosteuer auf Benzin protestiert. Am 17. November initiierte er die ersten landesweiten Straßenblockaden und organisierte die teils gewalttätigen Demonstrationen in Paris. Als die „Gilets jaunes“Ende November acht offizielle Vertreter benannten, gehörte der bullige, dunkelhaarige Mann dazu. Er traf sich sogar mit Umweltminister François de Rugy und stellte ein heimlich aufgezeichnetes Video des Gesprächs ins Netz.
Drouet will provozieren. Das tat er auch am Mittwochabend, als er mit Dutzenden Gesinnungsgenossen auf der Pariser Rue Royale Richtung Champs-Elysées unterwegs war. Offiziell, um dort in ein Restaurant zu gehen. Doch so weit kam es nicht: Die Polizei nahm den Sprecher, der an dem Abend ohne gelbe Weste unterwegs war, unter den Buhrufen seiner Anhänger in Gewahrsam. Und zwar wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration. Die Bilder, die ihn umgeben von Polizisten in schwerer Montur und mit schwarzen Schutzhelmen zeigen, waren in Dauerschleife in den französischen Nachrichten zu sehen.
Vertreter der Hardliner
Genau das bezweckte Drouet. „Wenn ich vier Stunden in Polizeigewahrsam verbringe, ist mir das scheißegal“, sagte er in seinem Facebook-Video, das mehr als 250 000 Mal aufgerufen wurde. „Es geht auch um ihr Image.“Gemeint ist der Ruf der Regierung, den er beschädigen will, wie er offen ankündigt. Im Gegensatz zu Gelbwesten, die sich für einen Dialog aussprechen, vertritt Drouet die Hardliner. Im November forderte er die Demonstranten auf, den ElyséePalast als Ziel anzuvisieren. „Wir gehen hinein“, sagte er im Fernsehen. Am 22. Dezember wurde er ein erstes Mal festgenommen, weil er bei einer Demonstration in Paris einen Schlagstock bei sich hatte.
Über das Privatleben des Familienvaters ist kaum etwas bekannt. Dass er bei der Präsidentschaftswahl 2017 für die Rechtspopulistin Marine Le Pen stimmte, bestreitet der AutoFan. Er bezeichnet sich selbst als „unpolitisch“und lehnt den Annäherungsversuch des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon ab. Dass er auf seiner Facebook-Seite Stimmung gegen Flüchtlinge machte, bestreitet Drouet. Er habe nur auf die Situation seiner Kollegen aufmerksam machen wollen, die von Flüchtlingen angegriffen worden seien. Zum UN-Migrationspakt von Marrakesch verbreitete er jedoch mit einem anderen Gelbwestler ähnliche Falschinformationen wie die Rechtspopulisten.
Nach seiner Festnahme könnte Drouet eine Art Märtyrer der Bewegung werden. Vor allem Politiker am rechten und linken Rand stellten sich hinter den Mann aus der Kleinstadt Melun, rund 50 Kilometer südwestlich von Paris. „Genug Gewalt, Verurteilungen und Festnahmen der ‚Gilets jaunes‘. Lasst Eric Drouet frei. Lasst den Sprecher des Volkes in Frieden“, twitterte Mélenchon. Marine Le Pen sah in der Festnahme eine „systematische Verletzung der politischen Rechte von Oppositionellen“.
Drouet selbst freute sich nach seiner Freilassung über den „PR-Coup“, den er gelandet habe. Ob der Medienrummel seiner Bewegung mehr Zulauf beschert, wird sich am heutigen Samstag zeigen. Dann sind neue Proteste geplant.