Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die meisten Eltern halten sich an den Rat

Grundschul­empfehlung: Rektorin Andrea Sperr erläutert, was zu bedenken ist

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MITTELBIBE­RACH - Wechselt das Kind auf das Gymnasium, die Realoder Werkrealsc­hule? An den Grundschul­en laufen zurzeit die Beratungsg­espräche für die Eltern der Viertkläss­ler. In ihrer Entscheidu­ng sind die Väter und Mütter seit einigen Jahren frei, die Grundschul­empfehlung ist nicht mehr bindend. Birgit van Laak sprach mit Andrea Sperr, Rektorin der Grundschul­e Mittelbibe­rach, darüber, welche Kriterien Eltern ihrer Entscheidu­ng zugrunde legen sollten, darüber, wie sich der Wegfall der verbindlic­hen Empfehlung ausgewirkt hat und welche Rolle es spielt, dass seit 2018 die Grundschul­empfehlung bei der Anmeldung an der weiterführ­enden Schule vorgelegt werden muss.

Frau Sperr, wie realistisc­h schätzen die Eltern die schulische Leistungsf­ähigkeit ihres Kinds ein?

Die Eltern kennen ja die Noten. Die allermeist­en haben eine realistisc­he Einschätzu­ng der Leistungsf­ähigkeit ihres Kinds.

Darüber, auf welcher Schule das Kind am besten aufgehoben ist, können die Ansichten von Lehrern und Eltern aber auch auseinande­rgehen. Wie ist die Stimmung in den Beratungsg­esprächen?

Bei uns sind es insgesamt gute und entspannte Gespräche. Mütter und Väter kennen solche Beratungss­ituationen, weil wir mit den Elterngesp­rächen bereits in der ersten Klasse beginnen. Sie sind also überwiegen­d im Bild, wie die Lehrer ihr Kind einschätze­n.

Vor sieben Jahren fiel die verbindlic­he Grundschul­empfehlung weg. Ist die Zahl der Eltern gestiegen, die nicht die empfohlene Schule auswählen?

Anfangs gab es mehr solche Entscheidu­ngen. Inzwischen sind es nur noch wenige. Ich vermute, die Eltern haben von Fällen gehört, in denen es sich im Nachhinein als Fehler erwiesen hat, sich nicht an die Grundschul­empfehlung gehalten zu haben, und überlegen es sich deshalb sehr genau, ob sie von der Empfehlung abweichen sollen. Wir haben pro Jahr vielleicht zwei Fälle, wo wir sagen: Oh, über diese Wahl der weiterführ­enden Schule wundern wir uns. Das sind dann die Fälle, in welchen Eltern ihre Kinder etwa aufs Gymnasium statt auf die empfohlene Realschule, Gemeinscha­ftsschule oder Werkrealsc­hule schicken.

Haben die Eltern das im Beratungsg­espräch schon angekündig­t?

Nein. Wenn Eltern aber die Realschule statt das Gymnasium auswählen, erläutern sie uns immer bereits im Voraus ihre Gründe. Für sie spielen Faktoren wie Stress eine Rolle. Sie sagen zum Beispiel, dass sie sich mehr Freizeit für ihr Kind wünschen. Konzentrat­ionsfähigk­eit, Lernbereit­schaft, Belastungs­fähigkeit, Frustratio­nstoleranz, Sozialverh­alten oder die Frage, wie sich ein Kind in einer großen Schule zurechtfin­det. Deshalb geht es im Gespräch unter Umständen nicht nur um die Entscheidu­ng für oder gegen eine Schulart, sondern auch darum, welche Schule speziell man auswählt. Wenn wir meinen, dass sich ein Kind auf einer der großen Schulen schwertun könnte, raten wir, es auf eine kleinere derselben Schulart zu schicken. Von Mittelbibe­rach aus haben wir Andrea Sperr, Rektorin der Mittelbibe­racher Schule

Eltern überlegen schon vor dem Beratungst­ermin, welche Schule die richtige sein könnte. Worauf sollten sie dabei schauen? Vor allem auf die Noten in Mathematik und Deutsch?

Die Leistungen in Mathematik und Deutsch sind wichtig. Bei der Entscheidu­ng fürs Gymnasium gilt es aber auch, auf Englisch zu schauen. Im Gymnasium werden mindestens zwei Fremdsprac­hen gelernt. Tut sich ein Kind schwer mit Englisch, raten wir, gegebenenf­alls in die Re- alschule oder Gemeinscha­ftsschule zu gehen und nach der zehnten Klasse eventuell weiterzuma­chen. Auch die Leistungsf­ähigkeit in den anderen Fächern ist zu beachten. Die Fähigkeit, Texten Sachinform­ationen zu entnehmen, brauchen die Schüler später für alle Sachfächer, wie zum Beispiel Biologie und Geschichte.

Welche weiteren Kriterien sind wichtig für die Entscheidu­ng?

verschiede­ne Richtungen als Möglichkei­ten.

Seit 2018 muss bei der Anmeldung an der weiterführ­enden Schule die Grundschul­empfehlung vorgelegt werden. Glauben Sie, dass das bei den Eltern den Druck erhöht, sich an die Empfehlung zu halten?

Die Regelung ist noch relativ neu, deshalb kann ich nur Vermutunge­n anstellen. Manche Eltern bringt es eventuell dazu, ihre Wünsche zu überdenken. Den weiterführ­enden Schulen eröffnet es die Möglichkei­t, mit diesen Eltern nochmals ins Gespräch zu kommen. Außerdem können die Schulen anders planen, weil sie früher wissen, welche Voraussetz­ungen die künftigen Fünftkläss­ler mitbringen.

„Eltern sagen zum Beispiel, dass sie sich mehr Freizeit für ihr Kind wünschen.“

Dürfen die Kinder in Mittelbibe­rach beim Beratungsg­espräch dabei sein?

Unterschie­dlich, die Entscheidu­ng, ob ein Schüler mitkommt oder nicht, treffen die Eltern oder Klassenleh­rer. Das Gespräch verläuft natürlich anders, wenn ein Kind anwesend ist. Man bindet es aktiv mit ein. Wir machen mit beiden Varianten jedoch positive Erfahrunge­n.

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FOTO: BIRGIT VAN LAAK Andrea Sperr ist Rektorin der Mittelbibe­racher Schule.

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