Schwäbische Zeitung (Biberach)
AKW-Müll: Das kommt in die Tüte
Weißenhorner Müllverbrennungsanlage auf eine mögliche radioaktive Belastung hin untersucht
WEISSENHORN - Ist die Müllverbrennungsanlage in Weißenhorn wirklich radioaktiv belastet, weil dort auch sogenannte freigemessene Abfälle aus dem Kernkraftwerk Gundremmingen verfeuert werden? Aufschluss darüber sollen jetzt die ersten Messungen geben.
Am vergangenen Montag wurden Proben aus der Schlacke und den Filtern entnommen. Die gehen an das Bayerische Landesamt für Umwelt in Augsburg, um festzustellen, wie es mit der Strahlenbelastung aussieht. Erste Ergebnisse liegen möglicherweise in den nächsten Tagen vor. Landrat Thorsten Freudenberger hofft, dass bereits in der nächsten Sitzung des Umwelt- und Werkausschusses darüber beraten werden kann. Nach den Aufregungen soll dort noch einmal über die Verbrennung von Abfällen aus Gundremmingen beraten werden. Am vergangenen Montag informierten Fachleute aus dem Kernkraftwerk und vom Landesamt über den Stand der Dinge. Dabei kam auch zur Sprache, wie viel Material vom Rückbau der Atomanlage im Weißenhorner Müllofen landen soll.
Derzeit keine Anlieferung
Bisher wurden dort 46,1 Tonnen freigemessenes Material entsorgt, so Thomas Moritz, Leiter des Abfallwirtschaftbetriebs (AWB). Derzeit dürfen keine solchen Abfälle angeliefert werden, das hat der Landrat verfügt, damit erst in Ruhe geklärt werden kann, wie gefährlich die Verbrennung solcher Stoffe tatsächlich ist.
Dabei handelt es sich um Mischabfälle. Die Medienvertreter, die im Besprechungsraum der Verbrennungsanlage zusammengekommen waren, bekamen einen kleinen Eindruck davon in Form eines Säckchens voller freigemessener Reststoffe. In solchen Beuteln stecken nach Darstellung der AKW-Vertreter etwa Overalls, Socken, Schuhe, sonstige Schutzausrüstungen der Beschäftigten.
Von den rund 4000 Tonnen brennbarem Material aus dem Rückbau des Kernkraftwerks landet in Weißenhorn maximal die Hälfte. Bei diesen 2000 Tonnen freigemessenem Material handelt es sich um Gewerbemüll, sagte Heiko Ringel, technischer Geschäftsführer des AKWs. „Nach Weißenhorn kommt kein Schutt.“Das bedeutet: Durchschnittlich müssten in der Müllverbrennung in den nächsten 20 Jahren jährlich 100 Tonnen freigemessenes Material entsorgt werden. Die Menge werde aber in den nächsten Jahren wohl nicht erreicht, schätzt Thomas Moritz. Angesichts der gesamten Müllmenge, die in Weißenhorn in Rauch aufgeht – künftig bis zu 110 000 Tonnen im Jahr –, mache der Gundremminger Abfall nur einen äußerst geringen Teil aus, so der AWB-Chef. Er lag 2018 bei 0,018 Prozent.
Mit der vermeintlichen Gefährlichkeit des Materials setzte sich der Vertreter des Landesamts für Umweltschutz, Klaus Buß, auseinander. Er beteuerte mehrfach, wie unschädlich das freigemessene Material sei. Angesichts einer mittleren natürlichen Strahlenbelastung in Deutschland von 2100 Mikrosievert hält er die maximal zulässigen 10 Mikrosievert, die das freigemessene Material haben darf, für völlig unschädlich: „Das ist als nicht radioaktiver Stoff zu betrachten.“Die zehn Mikrosievert seien verschwindend gering. Er betonte ebenso wie Vertreter des Kernkraftwerks, dass der Abfall mehrfach auf Radioaktivität hin gemessen werde. Bevor er das AKW verlassen dürfe, müsse noch seine Behörde die Freigabe erteilen. Sie prüfe die Papiere und messe gegebenenfalls nach.
Bevor die Plastiksäcke nach Weißenhorn kamen, wurden sie jahrzehntelang in die mittlerweile stillgelegte Pyrolyseanlage in Burgau geworfen. Der Günzburger Abfallwirtschaftsbetrieb ließ die Anlage im Jahr 2012 auf radioaktive Belastung hin untersuchen. Wie dessen Leiter Anton Fink sagte, sei nichts Relevantes gefunden worden. Alle Werte hätten unter der natürlichen Hintergrundstrahlung gelegen. Deshalb habe es keine Folgemessung gegeben. Die Randsteine auf dem Pyrolysegelände hätten stärker gestrahlt als irgendein Teil der Anlage.