Schwäbische Zeitung (Biberach)
Erfolgreich ruhig
Heidenheim oben, Aalen unten – das Kontrastprogramm der Profifußballer auf der Ostalb – Ein Report
AALEN/HEIDENHEIM - „Das war es.“Diese drei einfachen Worte, in denen doch so viel steckt, waren in der Ostalb Arena nicht nur einmal zu hören. Diese jüngste, bittere 1:2-Niederlage gegen den SV Meppen in der Nachspielzeit traf die Fans des VfR Aalen bis ins Mark. War es das mit dem Drittliga-Fußball auf der Ostalb, die sich pünktlich zum vermeintlichen Niedergang des aktuellen Schlusslichtes aus Aalen wieder von ihrer rauen Seiten im Dauerregen zeigte? Nun gut, es sind noch 16 Spiele zu spielen und es gab schon andere Rettungen im deutschen Profifußball.
Szenenwechsel. Rund 20 Kilometer weiter südlich. Von Rettung keine Spur. Eher von Glückseligkeit, dort oben auf dem Schlossberg. Beim Ostalb-Rivalen 1. FC Heidenheim läuft es. Besonders in dieser, seiner fünften Saison in der 2. Bundesliga. Vor dem Topspiel an diesem Samstag in der heimischen Voith Arena gegen den Hamburger SV gab es schon einmal die nächste gute Nachricht – dass der FCH Anfang April im DFBPokal-Viertelfinale beim deutschen Rekordmeister Bayern München antreten darf, ließ die höchstklassigen Fußballer von der Ostalb jubeln.
FCH-Vorstandsvorsitzender Holger Sanwald, einer der Macher in Heidenheim, erfuhr von dem Los auf der Autobahn, bei der Rückfahrt vom 2:1-Sieg in Darmstadt. „Das Spiel gegen Bayern ist für uns ein Highlight. Das Bayern-Spiel interessiert uns aber erst einmal nicht, erst einmal interessiert uns das Spiel gegen den HSV“, sagt Sanwald im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Er, der sich natürlich freute – aber ruhig bleibt.
Mit Kontinuität und Ruhe hat sich der FCH in den zurückliegenden Jahren nach oben gearbeitet. Man braucht sich nur die Trainerposition anschauen: elf Jahre Frank Schmidt, der Dauerbrenner im deutschen Profifußball. Im Vergleich: Der nunmehr fußballerisch kleine Nachbar aus der größeren Stadt Aalen sucht binnen eines Jahres den dritten Trainer. Dem 1:2 gegen Meppen folgte die Entlassung von Argirios Giannikis, der erst im Sommer mit neuem Konzept begann, die Aalener fußballerisch fortentwickelte, aber einfach zu wenig Punkte holte. VfR-Präsident Sport Hermann Olschewski, der Giannikis geholt hatte, steht in der Kritik bei den Aalener Anhängern.
Denn das Fernziel – 2. Liga 2021, im Jahr des 100-jährigen Bestehens des VfR Aalen – liegt, Stand jetzt, außer Reichweite. Und von Ruhe, wie in Heidenheim, ist derzeit keine Spur. Die Fans sind sauer, einige wollten schon bei der Meppen-Pleite den Innenraum im Stadion stürmen und bekundeten ihren Unmut.
Mehr wollen als die anderen
Es geht nur noch um die Existenz in der 3. Liga und damit im Profisport – die Folgen eines Abstiegs könnten verheerend sein. Was hilft: Siege. „Es geht darum, dass wir punkten. Wir müssen mehr wollen als die anderen“, sagt Daniel Bernhardt, das Urgestein der Aalener, seit 2009 im Verein. Der 33-jährige Kapitän und Torwart hat auch die gute Zeiten beim VfR mitgemacht, etwa den Aufstieg in die 2. Liga 2012 – er kennt aber auch die Regionalliga aus seiner ersten Saison 2009/2010. Das Wort „Regionalliga“nimmt er jetzt noch nicht in den Mund.
Diese Liga hat der FCH längst hinter sich – er schaut nach oben, ohne abzuheben. Und bleibt ruhig. „Wir sind im Abstiegskampf ruhig geblieben und wir bleiben jetzt genauso fokussiert“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Der Kampf um den Klassenverbleib hat die Heidenheimer gestärkt, sie gehen ihren Weg mit – neben bekannten Namen wie Schmidt und Marc Schnatterer – jungen, talentierten Spielern wie Niklas Dorsch und Patrick Mainka.
Doch erst einmal heißt das Ziel nach wie vor Klassenerhalt. Statt bis zum letzten Spieltag (wie in der Vorsaison) zu zittern, will der FC Heidenheim einen Sieg gegen den HSV – dann hätte der aktuelle Tabellenvierte schon die magischen 40 Punkte. Ein erstes Ziel, das beim 17-PunkteVfR ziemlich außer Reichweite liegt. Der muss am kommenden Montag im altehrwürdigen Stadion an der Grünwalder Straße bei 1860 München seinen Abstiegskampf weiter bestreiten. „Wir leiden mit unseren Nachbarn wie dem VfR Aalen mit. Das ist ehrlich gemeint“, erklärt Holger Sanwald. „Wir drücken dem VfR Aalen die Daumen für den Klassenverbleib.“Das können sie gebrauchen.