Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wie Biberach die Integration angeht
Hunderte Bürger erhalten deshalb Post von der Stadt – SZ beantwortet wichtige Fragen
BIBERACH - Etwa 2400 Menschen erhalten in den nächsten Tagen Post von der Biberacher Stadtverwaltung. Oberbürgermeister Norbert Zeidler appelliert an die Empfänger, sich in Sachen Integration einzubringen – und zwar bei einer Veranstaltung am 15. und 16. März. Dabei sollen die Bürger im Stadtteilhaus Gaisental Ideen und Ziele erarbeiten, wie Integration in Biberach gelingen kann. Die Ergebnisse daraus fließen in die Fortschreibung des städtischen Integrationskonzepts ein. Die SZ beantwortet wichtige Fragen zu dem neuen Vorhaben:
Warum ist eine Fortschreibung des städtischen Integrationskonzepts notwendig?
Biberach hat im Jahr 2009 ein Integrationskonzept entwickelt. Viele Bürger, Institutionen und Organisationen wurden dafür gewonnen, an der Gestaltung des Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund mitzuwirken. Jetzt soll das Konzept auf eine neue Stufe gehoben werden, weil sich Migration verändert. Laut Verwaltung kommen zwar deutlich weniger Kriegsflüchtlinge als in den Vorjahren nach Deutschland, gleichzeitig ist aber eine verstärkte Zuwanderung aus EU-Ländern und durch Arbeitsmigranten zu verzeichnen. Parallel nimmt das vor allem zu Beginn des hohen Flüchtlingszustroms 2015/2016 hohe bürgerliche Engagement ab.
Was hat es mit der Veranstaltung unter dem Titel „Biberach – Heimat.für.alle.“im Stadtteilhaus Gaisental auf sich?
Die Stadt spricht hierbei von einer „Großgruppenveranstaltung“, zu der 2400 Menschen in dieser Woche eingeladen werden. Die Verwaltung rechnet damit, dass etwas fünf Prozent, also etwa 120 Menschen, kommen werden. Die Teilnehmer beschäftigen sich an beiden Tagen in Arbeitsgruppen mit dem Thema Integration, wobei sie ihre Erfahrungen und Expertise mit einbringen. „Dabei sollen keine abstrakten Ziele, sondern konkrete, umsetzbare Maßnahmen erarbeiten werden“, sagte die Ordnungsamtsleiterin Anna Kleine-Beek. Sie stellte das Projekt im Hauptausschuss des Gemeinderats in dieser Woche näher vor.
Wer erhält eine Einladung?
Die Verwaltung hat per Zufallsprinzip 2400 Bürger aus Biberach und
den Teilorten ausgewählt. Diese bilden einen repräsentativen Querschnitt der Stadtgesellschaft, wie es in einer Mitteilung heißt. Um an der Veranstaltung teilzunehmen, müssen sich die Angeschriebenen anmelden. Grünen-Stadträtin Manuela Hölz wollte wissen, warum der Gemeinderat bislang keine Einladung erhalten habe. „Wir wollten nicht auf die üblichen Verdächtigen zurückgreifen“, sagte Kleine-Beek. Vielmehr sollten Bürger angesprochen werden, die „naturbelassen“bei dieser Thematik seien.
Wer bereitet das Treffen vor, damit kein Chaos entsteht?
Eine sogenannte Spurgruppe bereitet die Veranstaltung in inhaltlicher Sicht im Vorfeld vor. Die Gruppe umfasst insgesamt 14 ehrenamtlich und hauptamtlich Aktive aus den Bereichen Integration, Jugend, Eltern, Senioren, Sport, AG Soziales, Wirtschaft und ökumenische Flüchtlingsarbeit. Monika Holl (SPD) vermisste einen Vertreter der Schule. Kleine-
Beek antwortete, dass der angefragte Vertreter der Schulen aus terminlichen Grünen abgesagt hätte, aber jemand aus dem Elternbeirat mit dabei sei.
Was hat das Land Baden-Württemberg mit der Veranstaltung zu tun?
Das Land fördert das Projekt durch das Programm „Integration durch Bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft“. 23 Kommunen und Landkreise im Südwesten werden auf diesem Weg bei den Integrationskonzepten unterstützt. Biberach hatte sich beworben und den Zuschlag für die Fördermittel erhalten. Begleitet wird der Prozess durch Mitarbeiter der Führungsakademie Baden-Württemberg. „Wir sind mit den beiden Prozessbegleitern in guten Händen“, sagte Kleine-Beek. Sie begleiten unterschiedliche Sitzungen, die Planungen und die Durchführung der Großgruppenveranstaltung.
Wie bewertet der Hauptausschuss dieses Vorgehen?
Peter Schmogro (CDU) erinnerte daran, dass der letzte Prozess zwar gut gemeint gewesen sei, sich aber in einer Vielzahl an Zielen zerfleddert habe: „In vielen Sitzungen wurde uns glaubhaft versichert, dass es diesmal besser läuft.“Das Projekt sei Erfolg versprechend und ermögliche ein Spiegelbild der Stimmung in Biberach. Monika Holl (SPD) sprach von einem „guten Ansatz“, auch, weil er die Zuwanderung von EUBürgern aufgreife. „Wir begrüßen das neue Konzept und sind gespannt auf die praxistauglichen Ergebnisse“, sagte Marlene Goeth (Freie Wähler). Manuela Hölz (Grüne) zeigte sich ebenfalls überzeugt, genauso wie Christoph Funk (FDP): „Migration verändert sich. Es gibt Migranten, die Deutschland brauchen, und Migranten, die Deutschland braucht.“Das werde von der Verwaltung „überdeutlich“in der Sitzungsvorlage so beschrieben, was „sehr erfreulich sei“.