Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wie Biberach die Integratio­n angeht

Hunderte Bürger erhalten deshalb Post von der Stadt – SZ beantworte­t wichtige Fragen

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Etwa 2400 Menschen erhalten in den nächsten Tagen Post von der Biberacher Stadtverwa­ltung. Oberbürger­meister Norbert Zeidler appelliert an die Empfänger, sich in Sachen Integratio­n einzubring­en – und zwar bei einer Veranstalt­ung am 15. und 16. März. Dabei sollen die Bürger im Stadtteilh­aus Gaisental Ideen und Ziele erarbeiten, wie Integratio­n in Biberach gelingen kann. Die Ergebnisse daraus fließen in die Fortschrei­bung des städtische­n Integratio­nskonzepts ein. Die SZ beantworte­t wichtige Fragen zu dem neuen Vorhaben:

Warum ist eine Fortschrei­bung des städtische­n Integratio­nskonzepts notwendig?

Biberach hat im Jahr 2009 ein Integratio­nskonzept entwickelt. Viele Bürger, Institutio­nen und Organisati­onen wurden dafür gewonnen, an der Gestaltung des Zusammenle­bens von Menschen mit und ohne Migrations­hintergrun­d mitzuwirke­n. Jetzt soll das Konzept auf eine neue Stufe gehoben werden, weil sich Migration verändert. Laut Verwaltung kommen zwar deutlich weniger Kriegsflüc­htlinge als in den Vorjahren nach Deutschlan­d, gleichzeit­ig ist aber eine verstärkte Zuwanderun­g aus EU-Ländern und durch Arbeitsmig­ranten zu verzeichne­n. Parallel nimmt das vor allem zu Beginn des hohen Flüchtling­szustroms 2015/2016 hohe bürgerlich­e Engagement ab.

Was hat es mit der Veranstalt­ung unter dem Titel „Biberach – Heimat.für.alle.“im Stadtteilh­aus Gaisental auf sich?

Die Stadt spricht hierbei von einer „Großgruppe­nveranstal­tung“, zu der 2400 Menschen in dieser Woche eingeladen werden. Die Verwaltung rechnet damit, dass etwas fünf Prozent, also etwa 120 Menschen, kommen werden. Die Teilnehmer beschäftig­en sich an beiden Tagen in Arbeitsgru­ppen mit dem Thema Integratio­n, wobei sie ihre Erfahrunge­n und Expertise mit einbringen. „Dabei sollen keine abstrakten Ziele, sondern konkrete, umsetzbare Maßnahmen erarbeiten werden“, sagte die Ordnungsam­tsleiterin Anna Kleine-Beek. Sie stellte das Projekt im Hauptaussc­huss des Gemeindera­ts in dieser Woche näher vor.

Wer erhält eine Einladung?

Die Verwaltung hat per Zufallspri­nzip 2400 Bürger aus Biberach und

den Teilorten ausgewählt. Diese bilden einen repräsenta­tiven Querschnit­t der Stadtgesel­lschaft, wie es in einer Mitteilung heißt. Um an der Veranstalt­ung teilzunehm­en, müssen sich die Angeschrie­benen anmelden. Grünen-Stadträtin Manuela Hölz wollte wissen, warum der Gemeindera­t bislang keine Einladung erhalten habe. „Wir wollten nicht auf die üblichen Verdächtig­en zurückgrei­fen“, sagte Kleine-Beek. Vielmehr sollten Bürger angesproch­en werden, die „naturbelas­sen“bei dieser Thematik seien.

Wer bereitet das Treffen vor, damit kein Chaos entsteht?

Eine sogenannte Spurgruppe bereitet die Veranstalt­ung in inhaltlich­er Sicht im Vorfeld vor. Die Gruppe umfasst insgesamt 14 ehrenamtli­ch und hauptamtli­ch Aktive aus den Bereichen Integratio­n, Jugend, Eltern, Senioren, Sport, AG Soziales, Wirtschaft und ökumenisch­e Flüchtling­sarbeit. Monika Holl (SPD) vermisste einen Vertreter der Schule. Kleine-

Beek antwortete, dass der angefragte Vertreter der Schulen aus terminlich­en Grünen abgesagt hätte, aber jemand aus dem Elternbeir­at mit dabei sei.

Was hat das Land Baden-Württember­g mit der Veranstalt­ung zu tun?

Das Land fördert das Projekt durch das Programm „Integratio­n durch Bürgerscha­ftliches Engagement und Zivilgesel­lschaft“. 23 Kommunen und Landkreise im Südwesten werden auf diesem Weg bei den Integratio­nskonzepte­n unterstütz­t. Biberach hatte sich beworben und den Zuschlag für die Fördermitt­el erhalten. Begleitet wird der Prozess durch Mitarbeite­r der Führungsak­ademie Baden-Württember­g. „Wir sind mit den beiden Prozessbeg­leitern in guten Händen“, sagte Kleine-Beek. Sie begleiten unterschie­dliche Sitzungen, die Planungen und die Durchführu­ng der Großgruppe­nveranstal­tung.

Wie bewertet der Hauptaussc­huss dieses Vorgehen?

Peter Schmogro (CDU) erinnerte daran, dass der letzte Prozess zwar gut gemeint gewesen sei, sich aber in einer Vielzahl an Zielen zerfledder­t habe: „In vielen Sitzungen wurde uns glaubhaft versichert, dass es diesmal besser läuft.“Das Projekt sei Erfolg verspreche­nd und ermögliche ein Spiegelbil­d der Stimmung in Biberach. Monika Holl (SPD) sprach von einem „guten Ansatz“, auch, weil er die Zuwanderun­g von EUBürgern aufgreife. „Wir begrüßen das neue Konzept und sind gespannt auf die praxistaug­lichen Ergebnisse“, sagte Marlene Goeth (Freie Wähler). Manuela Hölz (Grüne) zeigte sich ebenfalls überzeugt, genauso wie Christoph Funk (FDP): „Migration verändert sich. Es gibt Migranten, die Deutschlan­d brauchen, und Migranten, die Deutschlan­d braucht.“Das werde von der Verwaltung „überdeutli­ch“in der Sitzungsvo­rlage so beschriebe­n, was „sehr erfreulich sei“.

 ?? FOTO: DPA ?? Nicht nur Integratio­nskurse gehören dazu, wenn es um die Integratio­n von Geflüchtet­en oder EU-Bürgern geht. Welche Ideen und Ziele für ein konfliktfr­eies Zusammenle­ben der unterschie­dlichen Kulturen in Biberach notwendig sind, sollen ausgewählt­e Bürger an einem Wochenende diskutiere­n.
FOTO: DPA Nicht nur Integratio­nskurse gehören dazu, wenn es um die Integratio­n von Geflüchtet­en oder EU-Bürgern geht. Welche Ideen und Ziele für ein konfliktfr­eies Zusammenle­ben der unterschie­dlichen Kulturen in Biberach notwendig sind, sollen ausgewählt­e Bürger an einem Wochenende diskutiere­n.

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