Schwäbische Zeitung (Biberach)

Das Aus für das Riesenflug­zeug

Airbus stellt Produktion des A380 ein – Weltweit 3500 Arbeitsplä­tze betroffen – Zulieferer in Region reagieren gefasst

- Von Andreas Knoch, Julia Naue und Steffen Weyer

TOULOUSE (dpa/AFP/ank) - Airbus stellt die Produktion seines Riesenjets und Prestigeob­jekts A380 ein. Die letzte Auslieferu­ng des weltgrößte­n Passagierj­ets sei für 2021 geplant, teilte der europäisch­e Luftfahrtu­nd Rüstungsko­nzern am Donnerstag mit. Grund für das Ende ist die schlechte Auftragsla­ge – und eine Abbestellu­ng der Großkundin Emirates. Der scheidende AirbusKonz­ernchef Tom Enders sprach am Donnerstag in Toulouse, wo der A380 montiert wird, von einer „schmerzlic­hen Entscheidu­ng“.

Betroffen sind bis zu 3500 AirbusMita­rbeiter, unter anderem am Standort Hamburg, aber auch in Bremen und Stade. Die IG Metall warnte Airbus vor Standortsc­hließungen oder betriebsbe­dingten Kündigunge­n. Der Konzern kündigte an, in den nächsten Wochen weltweit Gespräche mit den Sozialpart­nern aufzunehme­n. Wie viele Beschäftig­te bundesweit von dem Produktion­sstopp betroffen sind, konnte Airbus am Donnerstag nicht sagen.

Betroffen sind auch zahlreiche deutsche Zulieferbe­triebe, darunter einige im Süden. Die Augsburger Airbus-Tochter Premium Aerotec, Diehl Aviation aus Laupheim (Kreis Biberach) und der Allgäuer Flugzeugau­srüster Liebherr-Aerospace mit Sitz in Lindenberg (Landkreis Lindau), die alle Bauteile für den A380 herstellen, reagierten gefasst. Für sie kam das Aus des Luftgigant­en nicht überrasche­nd, es werde nicht zu Änderungen bei der Personalpl­anung kommen. Einen Jobabbau schlossen sowohl Diehl Aviation als auch Liebherr-Aerospace auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“aus.

Der doppelstöc­kige Passagierj­et hat Airbus schon länger große Sorgen bereitet. Zuletzt hatte kaum noch eine Fluglinie ein Modell geordert – im Gegenteil: Fluglinien stornierte­n ihre Bestellung­en. Der Boeing-Rivale fuhr die Jahresprod­uktion zuletzt von zeitweise bis zu 30 Maschinen auf nur noch sechs Exemplare zurück. Das Ende des Riesenjets trifft auch den Steuerzahl­er. In die Entwicklun­g des Flugzeugs flossen öffentlich­e Gelder – vor allem aus Frankreich, Deutschlan­d und Spanien.

TOULOUSE/RAVENSBURG - Vor elf Jahren startete der Airbus A380 zu seinem ersten kommerziel­len Flug – nun steht das Flugzeug, mit dem die Entwickler des Gemeinscha­ftsunterne­hmens einen Großraumje­t schaffen wollten, der der legendären 747 des Erzrivalen Boeing in nichts nachsteht, vor dem Aus. Der scheidende Konzernche­f Tom Enders verkündete am Mittwoch nüchtern, dass Airbus die Produktion des A380 einstellt. Die letzte Auslieferu­ng sei für 2021 geplant. Grund für das Ende des Luftgigant­en ist die schlechte Auftragsla­ge – und eine Abbestellu­ng der Großkundin Emirates.

Der doppelstöc­kige Passagierj­et hat Airbus schon länger große Sorgen bereitet. Zuletzt hatte kaum noch eine Fluglinie ein Modell geordert – im Gegenteil: Fluglinien stornierte­n ihre Bestellung­en. Der Konzern fuhr die Jahresprod­uktion von zeitweise bis zu 30 Maschinen auf zuletzt nur noch sechs Exemplare zurück.

Die Entscheidu­ng sei schmerzhaf­t, man habe viel Mühe, Geld und Schweiß in den weltweit größten Passagierj­et gesteckt, sagte Enders. „Aber im Geschäft dürfen wir unsere Entscheidu­ng nicht auf Basis von Gefühlen oder Wünschen treffen, sondern basierend auf Fakten.“

Airbus kündigte an, in den nächsten Wochen Gespräche mit den Sozialpart­nern bezüglich der 3000 bis 3500 Stellen weltweit aufzunehme­n. Teile des Luftgigant­en werden an Airbus-Standorten in Deutschlan­d gefertigt – darunter vor allem Hamburg-Finkenwerd­er, Bremen und Stade. Was genau das Ende des A380 für die Beschäftig­ten des europäisch­en Gemeinscha­ftsunterne­hmens bedeutet, ist noch unklar. „Wir können heute natürlich noch nicht ausschließ­en, dass es mancherort­s zu einschneid­enden Maßnahmen kommt“, erklärte Airbus-Kommunikat­ionschef Rainer Ohler.

Auch Zulieferer wie die Augsburger Airbus-Tochter Premium Aerotec, Diehl Aviation aus Laupheim (Kreis Biberach) und der Allgäuer Flugzeugau­srüster Liebherr-Aerospace mit Sitz in Lindenberg (Landkreis Lindau) produziere­n Bauteile. Montiert wird das Flugzeug dann im französisc­hen Toulouse.

Für Diehl Aviation kommt die Airbus-Entscheidu­ng nicht überrasche­nd. „Wir sind davon betroffen, ja. Doch die Nachricht vom Aus des A380 ist nur der letzte Schritt eines langen sich abzeichnen­den Weges. Die Produktion­szahlen sind ja schon seit Jahren rückläufig“, sagte DiehlAviat­ion-Sprecher David Voskuhl, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das Laupheimer Unternehme­n liefert für den A380 die Decken- und Seitenverk­leidungen in der Passagierk­abine, die Gepäckfäch­er sowie die Verkleidun­gen für die Ruheräume der Flugbeglei­ter. Für das Unternehme­n, so Ein Airbus A380 der Lufthansa im Hangar am Flughafen München: „Die ganze Entwicklun­g des A380 basiert auf einer grandiosen Fehleinsch­ätzung der Marktentwi­cklung“, sagt Luftfahrte­xperte Heinrich Großbongar­th.

Voskuhl, gehe die Welt deshalb nicht unter. Zum einen, weil andere Airbus-Programme, vor allem das des Langstreck­en-Großraumfl­iegers A350, hochgefahr­en werden. Und zum anderen, weil auch beim A380 nicht von heute auf morgen Schluss ist. Bis zum Jahr 2021 – und damit noch zwei Jahre – wird die EmiratesBe­stellung abgearbeit­et. Und danach muss für die im Linienbetr­ieb fliegenden Maschinen der Kundendien­st

sichergest­ellt werden. Die Umrüstung und Erneuerung der Kabinenaus­stattungen des A380 (Retrofit) dürften Diehl Aircabin auch in den kommenden Jahren noch Umsätze bescheren. Negative Auswirkung­en auf die Arbeitsplä­tze in Laupheim sieht Voskuhl daher nicht.

Auch Liebherr-Aerospace liefert Systeme und Komponente­n für das A380-Programm von Airbus. Darunter etwa das Hochauftri­ebssystem

und die Spoilerbet­ätigung, aber auch mehrere Luftmanage­mentsystem­e, wie das Luft-/Hydraulikk­ühlsystem und das Laderaum-Heizsystem. Die Airbus-Entscheidu­ng wird auch hier gefasst aufgenomme­n. „Liebherr-Aerospace mit seinen Werken in Lindenberg und Friedrichs­hafen hat sich vorbereite­t und das ProgrammAu­s in den Planungen – etwa in der Produktion und in der Zulieferke­tte – berücksich­tigt“, erklärt Geschäftsf­ührer

Arndt Schoeneman­n. Airbus gehört zwar zu den größten Kunden seines Unternehme­ns, das 2700 Mitarbeite­r beschäftig­t und 2017 einen Umsatz von 739 Millionen Euro erzielte. Einen Jobabbau soll es wegen des Programmst­opps aber dennoch nicht geben – „weil wir bei den neuen Airbus-Programmen A350, A320neo und A330neu sowie bei anderen Programmen gut unterwegs sind“, versprach Schoeneman­n.

Auch die 747 ist ein Ladenhüter

Das Aus für den A380 kommt nur wenige Tage nach dem 50. Geburtstag der Boeing 747. Der „Jumbo“vom weltgrößte­n Flugzeugba­uer Boeing revolution­ierte damals die Luftfahrt und war viele Jahre das größte Passagierf­lugzeug der Welt, bis er vom A380 abgelöst wurde. Allerdings ist der „Jumbo“mittlerwei­le auch ein Ladenhüter.

Wirtschaft­lich steht Airbus aber trotz des Scheiterns seines Vorzeigefl­iegers gut da. Andere Flugzeuge sind sehr beliebt. Die kleineren Maschinen der A320-Familie sind vor allem in ihrer spritspare­nden Neuauflage A320neo ein Kassenschl­ager. Im vergangene­n Jahr konnte Airbus einen deutlichen Gewinnspru­ng erzielen. Unter dem Strich stand 2018 ein Gewinn von 3,05 Milliarden Euro – das waren 29 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

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Foto: dpa Premiere für den Luftgigant­en: Der erste Airbus A380 der Lufthansa am 5. Februar 2010 in Hamburg beim Roll-Out.
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FOTO: IMAGO

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