Schwäbische Zeitung (Biberach)

Brexit könnte Arbeitsplä­tze im Kreis Biberach gefährden

Allerdings halten sich die Verluste in Grenzen – Möglicherw­eise gibt es sogar einen positiven Effekt

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Ein ungeordnet­er Brexit ist nach wie vor nicht vom Tisch. Sollte es am 29. März tatsächlic­h zu einem Austritt Großbritan­niens ohne Vertrag mit der EU kommen, könnten im Landkreis Biberach 354 Arbeitsplä­tze wegfallen. Zu diesem Schluss kommen Wissenscha­ftler. Beschäftig­te, denen deshalb gekündigt wird, sollten sich umgehend bei der Agentur für Arbeit melden. Möglicherw­eise könnte der Brexit sogar etwas Positives haben.

Die Arbeitsplä­tze von 100 000 Menschen in Deutschlan­d könnten wegen eines „harten“Brexits gefährdet sein, wie Wissenscha­ftler des Leibniz-Instituts für Wirtschaft­sforschung Halle und der Martin-Luther-Universitä­t Halle-Wittenberg simulierte­n. Besonders betroffen sind dabei Baden-Württember­g und Bayern. Wie berichtet, könnten im Kreis Biberach 354 Stellen in der Folge gestrichen werden, was 0,34 Prozent der Beschäftig­ten entspricht. Nach Angaben der Agentur für Arbeit Ulm sind im Kreis Biberach derzeit knapp 85 000 Frauen und Männer sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­t.

Wie realistisc­h die genannte Zahl der Arbeitspla­tzverluste durch einen ungeordnet­en Brexit ist, können die Mitarbeite­r der Agentur für Arbeit Ulm derzeit nicht sagen. Der Behörde liegen keine empirisch gesicherte­n Daten zu diesem Thema vor, wie Sprecher Michael Wägerle der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte. Die Agentur für Arbeit Ulm ist auch für den Landkreis Biberach zuständig. Klar ist hingegen aber, dass der Austritt Folgen haben wird: „Politische Entscheidu­ngen und wirtschaft­liche Entwicklun­gen, national wie internatio­nal, werden immer auch Einfluss auf den Arbeitsmar­kt haben, so auch der bevorstehe­nde Brexit.“In welcher Ausprägung die Beschäftig­ten dies zu spüren bekommen, bleibt aber unklar. Zumal das Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB) davon ausgeht, dass weniger der Brexit-Effekt auf den Arbeitsmar­kt Auswirkung­en hat. Stattdesse­n rechnet das Institut mehr mit Folgen für die Konjunktur. Doch hierbei sind offenbar in den kommenden Wochen keine dramatisch­en Einbrüche zu erwarten – im Gegenteil.

„Das aktuelle IAB-Arbeitsmar­ktbaromete­r zeigt für die nächsten drei Monate eine weiter steigende Beschäftig­ung und einen weiterhin moderaten Abbau der Arbeitslos­igkeit an“, erläutert Wägerle. Der Blick auf die Zahlen im Kreis Biberach bestätige, dass der regionale Arbeitsmar­kt insgesamt „sehr robust“dastehe: „Die Arbeitslos­igkeit ist gering, die Personalna­chfrage auf Rekordnive­au und die Beschäftig­ung wächst.“

So hilft die Agentur für Arbeit

Sollte trotzdem jemand seinen Job verlieren, und das gilt ganz unabhängig vom Brexit, sollten sich Betroffene möglichst zügig mit der Agentur für Arbeit in Verbindung setzen: „So kann rechtzeiti­g alles Nötige unternomme­n werden, um schnell wieder eine Anstellung zu finden.“Der Sprecher nennt Vermittlun­g, Beratung, Coaching, Qualifizie­rung oder Weiterbild­ung als Beispiele hierfür.

Eventuell könnte der Brexit sogar für die hiesigen Firmen einen Vorteil mit sich bringen. Denn im Kreis Biberach geht es laut Agentur für Arbeit kurz- wie langfristi­g um die Fachkräfte­sicherung, weil in einigen Branchen schon heute qualifizie­rte Mitarbeite­r fehlen.

„Interessan­t wird es, zu sehen, ob sich der Brexit im Sinne der Fachkräfte­sicherung sogar positiv auswirken könnte, etwa mit Blick auf die Fachkräfte­migration innerhalb der EU“, so Wägerle. Heißt: Wenn eine europäisch­e Fachkraft in Großbritan­nien aufgrund rechtliche­r Hürden nicht länger arbeiten kann, sucht sie vielleicht verstärkt in Deutschlan­d nach einer Anstellung.

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FOTO: KIRSTY O'CONNOR Sollte zwischen Großbritan­nien und der europäisch­en Union kein Vertrag mehr zustande kommen, droht ein ungeordnet­er Brexit. Das hätte Folgen für einzelne Beschäftig­te in der Region.

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