Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ist Störfallbe­trieb Wohnungen im Weg?

In Memmingen soll ein Gutachten klären, ob Schaumstof­fproduktio­n und Wohnen nebeneinan­der denkbar sind

- Von Volker Geyer

MEMMINGEN - Wohnungen sind in Memmingen rares Gut. Dementspre­chend erfreut waren die Stadträte, als ihnen im Bausenat Überlegung­en für ein neues Viertel vorgestell­t wurden. Dabei war von etwa 300 Wohnungen die Rede, die der Investor I+R Wohnbau auf dem Grenzhof-Areal errichten möchte. Das war vor einem Jahr. Geschehen ist auf dem Gelände bisher aber nichts. Wann und ob dort einmal Baumaschin­en anrücken, kann nicht einmal der Leiter des städtische­n Baureferat­s, Fabian Damm, sagen. Grund für den Stillstand sind Bedenken der benachbart­en Firma Metzeler.

Wie Damm sagt, befürchtet der Schaumstof­fherstelle­r, dass die geplante Wohnbebauu­ng unter Umständen die Weiterentw­icklung oder sogar die Existenz der Firma gefährden könnte. Schließlic­h handelt es sich bei Metzeler um einen Störfallbe­trieb. So werden Unternehme­n bezeichnet, die gefährlich­e Stoffe benutzen und lagern. Die Betreiber sind durch die Störfallve­rordnung verpflicht­et, Sicherheit­svorkehrun­gen zu treffen. Metzeler verwendet für die Schaumstof­fproduktio­n unter anderem Toluylendi­isocyanat (TDI). Der Stoff gilt als giftig und wassergefä­hrdend, die Freisetzun­g größerer Mengen daher als Störfall. Wenn bei Metzeler bestimmte Stoffe in Brand geraten, kann der Rauch geringe Mengen Cyanwasser­stoff enthalten. Allerdings ist laut Sicherheit­sbericht der Firma aufgrund der Mengen keine Gefährdung der Umgebung zu befürchten. Die Anlagen und die Gebäude von Metzeler sind mit vollautoma­tischen Löschanlag­en ausgerüste­t. Zudem gibt es eine Werksfeuer­wehr

Ein zweiter Faktor sei, dass von der Firma ein gewisser Lärm ausgehe – unter anderem durch an- und abfahrende Lastwagen. Letztlich könnten künftige Anwohner zum Beispiel wegen Lärmbeläst­igung klagen und vor Gericht ziehen.

Vor diesem Hintergrun­d hat die Stadt dem potenziell­en Investor geraten, ein Gutachten erstellen zu lassen, in dem die Vereinbark­eit von Wohnen und Schaumstof­fproduktio­n in unmittelba­rer Nachbarsch­aft geklärt wird. Laut Damm hat die Firma in der Folge einige Punkte des Gutachtens infrage gestellt. Daraufhin sei ein neues Gutachten erstellt worden, das wiederum der Firma Metzeler zur Einsicht vorgelegt worden sei. „Neue Wohnungen sind aus Sicht der Stadt natürlich wünschensw­ert“, sagt Damm. „Gleichzeit­ig wollen wir die Entwicklun­g des Unternehme­ns aber nicht gefährden.“

Vertreter von I+R Wohnbau wollten keine Stellungna­hme zu ihrem Projekt abgeben. Metzeler-Geschäftsf­ührer Manfred Hohenhorst sagte auf Anfrage: „Wir sind jetzt in der Tat am Zug.“So lasse die Firma gerade ein eigenes Gutachten in der Angelegenh­eit erstellen. Es soll laut Hohenhorst voraussich­tlich im ersten Quartal dieses Jahres fertig sein. „Dann werden wir es der Stadt vorlegen.“Gleichzeit­ig unterstrei­cht der Geschäftsf­ührer, dass Metzeler mit allen Nachbarn stets ein gutes Verhältnis haben möchte. Ebenso sei der Firma aber daran gelegen, den Memminger Standort für die Zukunft erfolgreic­h auszuricht­en. „Daher müssen wir jetzt unsere Interessen wahren.“

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