Schwäbische Zeitung (Biberach)
Im Brautkleid zum Blutspenden
Warum ein Paar aus Mittelbiberach ausgerechnet an seiner Hochzeit spendet.
MITTELBIBERACH - Am Morgen haben sie noch in Mittelbiberach geheiratet, am Nachmittag waren sie bei der Blutspende in Neufra: Im weißen Hochzeitskleid und im Anzug, mit dem Hochzeitsstrauß im Arm, sorgte das frisch angetraute Ehepaar Arthur und Andrea Desler (bis am Freitagmorgen noch Gerster) für Aufsehen in der Halle in Neufra. Und dass die beiden an diesem Tag zum Blutspenden gingen, hat eine Vorgeschichte: Vor fünf Jahren haben sie sich beim Blutspenden kennengelernt.
Seit Jahren sind Annemarie Buck und Ingrid App als Helferinnen bei Blutspendeterminen dabei. Aber ein Hochzeitspaar – das hatten sie noch nie. „Das war ein einmaliges Erlebnis, das hat gutgetan“, sagt Annemarie Buck. Dementsprechend besonders und nett haben sie es dem Brautpaar gemacht: Während alle anderen Blutspender Einzelbetten hatten, haben das Brautleute als einzige ein Doppelbett beim Blutspenden erhalten. Auch das Kopfkissen wurde besonders weich gemacht. Und ein Schaumstoff-Herz zum Pumpen haben sie Seite an Seite erhalten. Und dazwischen lag der Hochzeitsstrauß. Ein schöner Anblick.
Und die beiden haben von der Erfahrung der Helferinnen zudem profitiert. „Sie haben am Morgen geheiratet, wir waren letztes Jahr 50 Jahre verheiratet“, erzählt Ingrid App. So hat sie ihnen auch gleich noch ein paar Tipps mitgegeben, wie es im Ehealltag funktionieren könnte: „Wenn es mal Krach gibt, kommt auch wieder Sonnenschein. Da muss man durch, nur nicht gleich wegspringen“, war ihr Rat.
Am nächsten Tag gemeldet
Dass die beiden an ihrem Tag, an dem sie im Standesamt vor den Traualtar treten, auch zur Blutspende gehen, war für sie schon lange klar. Denn vor fünf Jahren, am 5. Mai 2014, haben sie sich zum ersten Mal gesehen – beim Blutspenden. „Dort habe ich einen Kumpel getroffen, und der hatte einen Freund dabei“, erzählt die 25-Jährige, die aus Warthausen stammt. Damals haben sie außer „Hallo“und „Tschüss“, kein Wort gewechselt.
Heute ist er ihr Ehemann. Denn beim Kumpel hat sie sich nach dem Freund erkundigt. Und der hat sich dann auch prompt am nächsten Tag über Facebook gemeldet. Und sie haben sich getroffen ... – die Liebesgeschichte begann. Und am 17. Mai 2014, genau vor fünf Jahren „waren sie dann offiziell ein Paar“, erzählt sie.
Deshalb haben sie auch ihren Trau-Termin im Standesamt Mittelbiberach, wo sie inzwischen leben, auf dieses Datum gelegt. Und sich dann auch umgeschaut, wo an diesem Tag eine Blutspende stattfindet: Sie wurden in Neufra fündig.
Die Besucher und die Helfer haben freudig überrascht reagiert. Das Auftauchen des Paars in HochzeitsKleidung hat doch für Aufsehen gesorgt. „Viele haben uns gratuliert“, erzählt die 25-Jährige. Auch Fotos wurden gemacht. Das Wohlwollen im Raum war spürbar.
Auch für Hasan Gökcayir, Organisationsleiter beim Blutspendedienst Baden-Württemberg-Hessen, war es etwas Besonderes. Viele Blutspendetermine hat er bereits erlebt, aber ein Brautpaar hatte er noch nie. „Das ist eine tolle Geschichte“. Ganz passend haben die Helfer des DRK noch ein Glas Sekt organisiert zum Anstoßen.
Blutspenden ist für das Brautpaar eigentlich Routine oder Normalität. Denn sie nehmen jedes Jahr Blutspendetermine wahr – er hat bereits 24 Mal gespendet, sie 23 Mal. Aber dieses Mal war es halt doch ein bisschen anders: Ein bisschen aufgeregt waren sie dieses Mal schon, erzählt der 29-Jährige, der aus Betzenweiler stammt.
Dass ihr cremefarbenes Kleid oder sein Anzug beim Blutspendetermin leiden könnten – diese Sorge hatten sie nicht. Und wenn – das wäre auch nicht so schlimm. Denn die eigentliche, die kirchliche Hochzeit folgt in einer Woche. Und die passende Kleidung für den großen Festtag hängt bereits im Schrank.