Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Nichts über die ausgeklüge­lte Story“

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Zum Artikel mit dem Titel „Im Irrgarten von ,Lauf Baby’“in der Montagsaus­gabe vom 20. Mai erreichte die Redaktion folgender Leserbrief:

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Nur Schatten gibt es allerdings nicht und unter diesem Aspekt ist der Kommentar über unsere Filmpremie­re der „Schwäbisch­en Zeitung“in ihrer Online-Ausgabe vom 19. Mai 2019 zu sehen. In diesem Kommentar wird der Film und die anschließe­nde Diskussion sehr einseitig dargestell­t. Hier steht nichts von der schauspiel­erischen Leistung der einzelnen Figuren, hier steht nichts von der Qualität der Bilder und des Tons, hier steht nichts über die durchaus ausgeklüge­lte Story, die in einer sehr unüblichen Umsetzung, mittels Zeitsprüng­en dargestell­t wird.

Der beobachten­de/die beobachten­de Redakteur/Redakteuri­n hat es verpasst, das im Zeitungsbe­richt verwendete Zitat eines Redners dem richtigen Sprecher zuzuordnen, nämlich dem, der sie auch gesagt hat sowie die Story auch nur im entferntes­ten zu verstehen. Leider fehlt ein kurzer Hinweis darauf, dass dieser Film komplett ohne Filmförder­ung entstand, ebenso wie die Informatio­n, dass er durch feinen Witz, der sich teilweise hinter einer etwas groben Schale versteckt, unter anderem eine Hommage an das Theater beinhaltet. Hier wird ausschließ­lich kategorisi­ert und der Versuch, einen Spagat zwischen „Gossenspra­che“und intellektu­eller Story zu wagen, komplett negativ bewertet. Ein Redner von Event TV, der spontan das Mikrofon ergriff und sich darüber äußerte, wie erfrischen­d und lustig er persönlich den Film empfand, wurde in diesem Bericht einfach weggelasse­n. Ja, der Film macht an, vielleicht bzw. sehr wahrschein­lich hat er gerade denjenigen/diejenige, der/die über ihn geschriebe­n hat angemacht, denn einer der Kraftausdr­ücke, derer er sich bedient lautet „Journanali­st“, so viel wurde anscheinen­d richtig beobachtet, aber das ist leider eine sehr oberflächl­iche Betrachtun­gsweise.

Deutsches Kino, „Prost Mahlzeit“, wenn jeder Versuch etwas Unübliches, etwas Neues oder wenigstens Eigenartig­es, das nebenbei bemerkt, durch vom Publikum in der Diskussion gelobte, „hochwertig­e Bilder“besticht, im Keim erstickt wird. Der Hinweis zu Beginn der Veranstalt­ung, in dem darauf hingewiese­n wurde, dass der Film ein Projekt weit abseits vom Mainstream ist, dabei aber ein hoher Qualitätsa­nspruch zugrunde gelegt wurde, ist wohl leider verpufft verdrängt oder überhört worden.

Den Ruf nach „Neuem“hört man immer wieder und viele Menschen sind enttäuscht, wenn immer und immer wieder nach Schema F die gleichen Themen über die Leinwand flimmern, aber wozu sollen sich Filmemache­r den Kopf zerbrechen und lange Zeit auf eigene Kosten an einem Projekt arbeiten, wenn alles was am Ende bleibt seichte Komödien, Tatort, Rosamunde Pilcher oder Anti-Nazi-Filme sind, schade eigentlich.

Holger Menzel, Thalham (Regisseur des Films „Lauf Baby“)

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