Schwäbische Zeitung (Biberach)
Von wegen nur Verwaltung
Immense Personalprobleme plagen die Stadt Ulm – Eine Werbekampagne soll das ändern
ULM (mase) - Gunter Czisch ist der Beweis: Ulms Oberbürgermeister hat seine Karriere als Azubi in der Stadtverwaltung begonnen. Der Rathauschef ist nicht das einzige Beispiel für eine ungewöhnliche Karriere bei der Stadt. Ein Anlagenbuchhalter hat als Hausmeister begonnen, die Leiterin des Friedhofs war ursprünglich ITServicemanagerin. Mit diesen und mit fiktiven Berufsgeschichten will die Stadt auf Plakaten und in Videos für sich und ihre Arbeitsstellen werben. Die Kampagne trägt den Titel „Gestalten und verwalten“und soll zeigen, wie vielfältig die beruflichen Möglichkeiten bei der Stadt sind.
Vor dem Sommer sollen die ersten Banner aufgehängt werden, die kurzen Videos – schon jetzt auf der Homepage der Stadt zu sehen – laufen dann als Kino-Vorfilme und auf den Monitoren in der Straßenbahn. Zu sehen sind echte Mitarbeiter der Stadtverwaltung, ihre Texte in den Filmen waren nicht vorgegeben.
Die Stadt hat sich für die Entwicklung ihrer Arbeitgebermarke Hilfe von der Neu-Ulmer Strategieberatungsfirma Ovummarken und der Münchner Agentur Average Sucks geholt – und fast 200 000 Euro ausgegeben. Weitere 75 000 Euro sind für die Umsetzung vorgesehen.
Die lockere Kampagne hat einen ernsten Hintergrund: Die Stadt hat ein massives Personalproblem, das noch größer werden könnte. Im vergangenen Jahr blieben 17 der 268 ausgeschriebenen Stellen unbesetzt, für 61 Positionen fanden die Ulmer nur mit Schwierigkeiten geeignete Kandidaten. Mühe macht die Suche inzwischen nicht mehr nur bei technischen Berufen und im Bereich der Erzieher. „Auch bei den klassischen Verwaltungsberufen wird es immer schwieriger“, berichtet Susanne Baumgartl, Leiterin Personal und Organisation. Und in den kommenden Jahren geht ein Drittel der 3200 Mitarbeiter in den Ruhestand.
Die Arbeitgebermarke ist ein Teil der Strategie, mit der die Stadt neue Mitarbeiter sucht. Helfen sollen unter anderem auch ein Trainee-Programm für junge Absolventen, ÖPNV-Zuschüsse und Krippenplätze. Erster Bürgermeister Martin Bendel beschreibt die Kampagne so: „Wir sagen auf witzige und spritzige Weise, dass wir ein guter Arbeitgeber sind.“Dass sie nicht sofort alle Probleme lösen wird, ist ihm und Susanne Baumgartl klar. „Es wird nicht vom einen auf den anderen Tag besser werden“, sagt die Personalleiterin.
Der Slogan „Gestalten statt verwalten“soll aussagen, dass die Arbeit für die Stadt Ulm keineswegs trocken und verstaubt ist. „Wir gestalten alle auf eine eigene Weise das Leben in der Stadt“, erklärt Baumgartl – gestaltet werde aber auch die eigene Laufbahn in den insgesamt 135 Berufen, die die Stadt anbietet.
Im Mai und Juni sollen sich die Mitarbeiter bei vier Treffen über Ulm als Arbeitgeber austauschen – und auch anbringen, was besser werden kann. Denn die Stadtspitze setzt nicht nur auf die Kampagne, sondern auch dafür, dass die Beamten und Angestellten kräftig Werbung machen.