Schwäbische Zeitung (Biberach)
Stolperfalle Führerscheinprüfung
Immer mehr Fahrschüler fallen durch Theorie und Praxis – Verkehr wird immer komplexer
BIBERACH - Bundesweit fallen immer mehr Fahrschüler durch die Führerscheinprüfung für das Auto. Bei der Theorieprüfung aller Pkw-Klassen lag die Quote 2017 laut KraftfahrtBundesamt bei 39 Prozent (2016: 37 Prozent). Bei der praktischen Prüfung für den Autoführerschein fielen 32 Prozent der Anwärter durch (Vorjahr: 31 Prozent) – das waren 432 037 nicht bestandene praktische Prüfungen. Manuel Stegmayer, Vorsitzender des Biberacher Kreisvereins des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg, kann das zumindest für den Kreis so nicht bestätigen: „Wir haben hier gute Autofahrer, von denen auch viele die Prüfung auf Anhieb schaffen.“
Als Inhaber der Fahrschule M&M Biberach ist Stegmayer täglich mit jungen Leuten unterwegs, denen er das Fahren beibringt. „In Biberach ist es eigentlich nicht so schwer, Autofahren zu lernen, da sieht es in Ulm schon ganz anders aus.“Das einzige, was man in Biberach schnell lernen müsse, seien die vielen Einbahnstraßenregelungen.
Dass so viele Menschen durch die praktische Prüfung fallen, hat für Stegmayer einen einfachen Grund: die Aufregung. „Wenn die Schüler mit mir fahren, sind sie ganz anders und nicht so angespannt“, erzählt der Fahrlehrer. „Aber wenn dann ein Prüfer hinten sitzt, ist die Anspannung extrem groß. Manchmal erkenne ich dann meine eigenen Schüler nicht mehr.“
Für Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg, ist es nicht nur die Aufregung,
die da eine Rolle spielt: „Auch das Verkehrsumfeld wird immer problematischer.“Zudem würden die Jugendlichen, wenn sie noch keinen Führerschein haben, sich nicht mit der Welt der Autofahrer beschäftigen: „Viele sitzen dann mit ihrem Handy im Auto und achten nicht auf den Verkehr. Vom Zuschauen in jungen Jahren lernt man ungemein viel“, ist Jochen Klima überzeugt. Der Verkehrsumwelt werde einfach zu wenig Beachtung geschenkt.
Je größer die Stadt, desto komplexer wird der Verkehr. „Deshalb brauchen Menschen in größeren Städten
immer mehr Fahrstunden als in einer Kleinstadt“, sagt Klima. „Und dann ist man in der Prüfung doch nie zu 100 Prozent vorbereitet, weil eben nicht alles geübt werden kann.“Der Anstieg der Durchfaller-Quote für BadenWürttemberg sei für die praktische Prüfung allerdings nicht so signifikant wie für die Theorieprüfung.
Ohne lernen zur Prüfung
Das hat aus der Sicht des Vorsitzenden des Fahrlehrerverbands verschiedene Gründe: „Zum einen ist es keine Schade mehr durchzufallen, da treten manche auch ohne zu lernen zur Prüfung
an.“Das funktioniere allerdings nicht: „60 Prozent der Fragen können mit Erfahrung, Wissen und mit gesundem Menschenverstand beantwortet werden, den Rest muss man schlichtweg auswendig lernen.“
Grund sei auch die höhrere Zahl an Migranten: „Vielen ist das Verkehrsgeschehen bei uns eben noch nicht so vertraut. Die Fragen zu lernen, ist deshalb nicht so einfach.“Auch hier fehle die passive Verkehrserfahrung. Ein Vorteil sei, dass die Menschen die schriftliche Prüfung in ihrer Muttersprache ablegen können. „Lernen ist aber unbedingt Voraussetzung.“