Schwäbische Zeitung (Biberach)
Musik und Architektur als barockes Gesamtkunstwerk
Trompeter Hermann Ulmschneider und Organist Gregor Simon konzertierten in der Wallfahrtskirche Steinhausen
STEINHAUSEN - Die Steinhauser Trompetenkonzerte zu Fronleichnam haben eine lange Tradition und bringen Kostbarkeiten aus dem 16. bis 18. Jahrhundert zu Gehör. Den Instrumentalklang optimiert die einmalige Akustik in dem baulichen Meisterwerk.
Die beiden Künstler, Trompeter Hermann Ulmschneider und Organist Gregor Simon, eröffneten mit Telemann (1681–1767) und dessen DDur-Konzert für Trompete und Orgel mit einer durch Synkopen und Triolen reich differenzierten Rhythmik. Ein Adagio in majestätischem Barockklang stimmte ein in ein besonderes, schier abgehobenes Hörerlebnis. Das erste empordrängende klangheitere Allegro wurde abgelöst durch ein Orgel-Grave. Das Schluss-Allegro steigt direkt in den barocken Himmel. Gregor Simon spielte vier Orgelsoli von Bach (1685–1750), kleine Präludien in reicher instrumentaler und weitläufig registrierter Vielfalt, schnellen Rhythmen und pedalorientierter Tiefklängigkeit.
Johann Christoph Pepusch (1667–1752) wurde als Theaterkomponist berühmt. Von ihm stammt die Musik zur „Beggars Opera“von 1728 nach John Gay; aus diesem Stoff machten genau 200 Jahre später Bert Brecht und Kurt Weill die „Dreigroschenoper“. Ulmschneider und Simon spielten Pepuschs Sonate in D mit breitem Largo, mit forschem Allegro-Drive und nach dem Grave mit einem eher leichtgängigen Marsch. Das Werk endet mit einem ungewöhnlich raschen Menuett ohne jedwede barocktänzerische Behäbigkeit. Gregor Simon gestaltete die Bach’sche Doppel-Fuge cMoll, BWV 574 von 1708 nach einem Thema des Venezianers Giovanni Legrenzi (16261690) mit hoher organistischer Klangintensität des genialen kompositorischen Harmoniengeflechts. Sehr reizvoll war ein von den Instrumentalisten geschriebener„Dialog“der beiden Instrumente. Der Trompeter stand dazu vor dem Altarraum. Es entstand ein wunderbarer Raumklang bei dieser freien Meditation zwischen Trompete und Orgel, deren tonale Bandbreiten mit wechselweise klangvoll und spannend gesteuerter Dynamik die Künstler eindrucksvoll präsentierten. Das war einer der Konzerthöhepunkte, für den die Musiker spontanen großen Applaus erhielten. Gregor Simon improvisierte dann über ein von den Zuhörern gewünschtes Lied aus dem „Gotteslob“, brillierte mit seinem überragenden künstlerischen und technischen Gestaltungsvermögen.
Von Giuseppe Tartini (16921770) schließlich dessen „Concerto in D“. Ein tänzerisches Allegro stimmte ein. Das folgende Andante kam in repräsentativem Dreiertakt daher. Ein weiteres Allegro beschloss das Werk. Tartini war ein großer Geiger und Geigenlehrer, hatte 160 Violinsonaten geschrieben. Seine Präferenz für die Violine war unüberhörbar. Die hoch virtuose Trompetenstimme hätte auf einer Geige ebenso wunderbar geklungen. Ein großartiges Fronleichnamskonzert zweier kongenialer Künstler, dem ein begeistertes Publikum mit langem Applaus dankte.