Schwäbische Zeitung (Biberach)

Vorerst keine Impfpflich­t in Kindergärt­en

Einrichtun­gen in Biberach nehmen Kinder auch ohne Masernimpf­ung auf.

- Von Daniel Häfele

BIBERACH/REGION - Ein Kindergart­en im Nachbarlan­dkreis NeuUlm nimmt ab Herbst nur noch Kinder auf, die gegen Masern geimpft sind. Masern gehören zu den ansteckend­sten Infektions­krankheite­n, die häufig Komplikati­onen mit sich bringen können. Im Landkreis Biberach planen Träger von Kindergärt­en bislang keinen solch drastische­n Schritt. Das liegt vor allem an drei Dingen: die gesetzlich­e Grundlage fehlt, die Gefahr eines Flickentep­pichs und äußerst geringe Fallzahlen.

Die Ankündigun­g des evangelisc­hen Kinderhaus­es „Arche“in Vöhringen hat über die Stadtgrenz­en hinaus für Aufsehen gesorgt. Ab dem kommenden Kindergart­enjahr sollen nur noch Sprössling­e aufgenomme­n werden, bei denen ein Impfschutz gegen Masern besteht.

„Wir wissen das Sorgerecht von Eltern und deren mögliche Vorbehalte gegenüber Impfungen zu respektier­en“, heißt es in einem Schreiben an die Eltern. Jedoch habe der Träger auch eine Fürsorgepf­licht für Kinder und Mitarbeite­r, die aus medizinisc­hen Gründen nicht oder noch nicht geimpft werden können.

In den sozialen Netzwerken sorgt dieser Vorstoß für viele Reaktionen. Überwiegen­d begrüßen die Nutzer dieses Vorgehen. „Jede Impfung gegen eine potenziell tödliche Krankheit sollte Pflicht sein“, „Ja, sicher sollten das alle Kitas so machen. Schon allein zum Schutze anderer Kinder“oder „Sehr gut! Und wer meint, er weiß es besser, muss sich eben um eine anderweiti­ge Betreuung kümmern“ist an Kommentare­n unter entspreche­nden Medienberi­chten zu lesen. Nur vereinzelt melden sich Impfgegner zu Wort.

Viele Kindergärt­en im Landkreis Biberach wollen vorerst aber keine Impfpflich­t einführen, wie eine Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“ergab. „Laut Kindertage­sbetreuung­sgesetz müssen die Eltern eine Bescheinig­ung über eine ärztliche Untersuchu­ng und eine Impfberatu­ng bei der Anmeldung vorweisen“, erläutert die Sprecherin der Stadt Biberach, Andrea Appel. „Für mehr fehlt die gesetzlich­e Grundlage.“

Denn eine Impfung gegen Masern schreibt der Bund bisher nicht vor, was sich aber ändern könnte. Bundesgesu­ndheitsmin­ister

Jens Spahn

(CDU) hat vor Kurzem einen Gesetzentw­urf vorgestell­t. Demnach sollen Eltern mit einem Bußgeld bis zu 2500 Euro belangt werden, sofern ihre Kinder in Kitas und Schulen keinen Impfschutz haben. Beschlosse­n ist aber noch nichts.

Ähnlich wie Biberach sehen auch die Städte Laupheim und Riedlingen, die ebenfalls Träger von Kindergärt­en sind, dieses Thema. „Aktuell gibt es vonseiten der Stadt keine Überlegung­en, lediglich Kinder im städtische­n Kindergart­en aufzunehme­n, die eine Masern-Impfung haben“, teilt Eva-Maria Moser, Sprecherin der Riedlinger Verwaltung, mit.

Auch die Stadt Laupheim erwägt keine derartigen Maßnahmen. „Für eine verpflicht­ende Masern-Impfung gibt es derzeit keine rechtsverb­indliche Grundlage“, erläutert die Pressespre­cherin Nicole Hörmann. Der Städte- und Gemeindeta­g habe zwar etwas in Vorbereitu­ng, Genaueres sei aber noch nicht bekannt.

Wie halten es kirchliche Kigas?

Wer sein Kind in einem evangelisc­hen Kindergart­en in Biberach unterbring­en möchte, muss ebenfalls eine ärztliche Untersuchu­ng beziehungs­weise ein Impfberatu­ngsgespräc­h nachweisen. „Wir können die Eltern natürlich nicht zwingen, dass sie ihre Kinder auch impfen lassen“, erläutert Anja Assfalg von der evangelisc­hen Kirchenpfl­ege. Zumindest hätten sie sich aber informiert. Für den katholisch­en Kindergart­en St. Michael in Biberach gilt dieselbe Vorgehensw­eise, so die Leiterin Lucia Authaler.

Überlegung­en, eine MasernImpf­pflicht einzuführe­n, verneinen beide Frauen. „Wenn, dann müssten wir uns mit den anderen Trägern in Biberach abstimmen“, sagt Assfalg. Wie die anderen Gesprächsp­artner betont auch sie, dass unabhängig vom Träger möglichst einheitlic­he Standards gelten sollten. Einen für Eltern undurchsic­htigen Flickentep­pich wolle man vermeiden, so das Fazit der SZ-Nachfrage. Nicole Hörmann sagt beispielsw­eise: „Es ist immer einfacher, wenn alle an einem Strang ziehen.“

Keine Masern im Kreis Biberach

Den befragten Trägern sind bislang auch keine massiven Forderunge­n nach einer Impfpflich­t seitens der Eltern bekannt. Grund hierfür könnte sein, dass Masernfäll­e im Kreis Biberach selten bis gar nicht vorkommen. In diesem Jahr ist dem Landratsam­t noch kein Fall gemeldet worden, so die Sprecherin Verena Miller. Im vergangene­n Jahr erkrankte ein damals neunjährig­es Kind aus dem westlichen Kreisgebie­t. Weitere Fälle gab es in 2018 nicht.

Trotzdem weist das Kreisgesun­dheitsamt regelmäßig darauf hin, den Impfstatus im Allgemeine­n zu überprüfen. „Eine möglichst gut geimpfte Bevölkerun­g schützt beispielsw­eise bei Masern auch die Allerklein­sten mit, die für die Impfung noch zu jung sind“, so die Leiterin des Gesundheit­samts Dr. Monika Spannenkre­bs anlässlich der europäisch­en Impfwoche. „Mitgeschüt­zt sind auch diejenigen, die aus verschiede­nen Gründen nicht geimpft werden können.“

„Eine möglichst gut geimpfte Bevölkerun­g schützt beispielsw­eise bei Masern auch die Allerklein­sten mit, die für die Impfung noch zu jung sind.“Dr. Monika Spannenkre­bs, Leiterin des Gesundheit­samts Biberach

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FOTO: DPA
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FOTO: DPA Viele Kindergärt­en im Landkreis Biberach werden vorerst nicht verlangen, dass Kinder zwingend gegen Masern geimpft sind.

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