Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Krimi benötigt keine zehn blutigen Leichen“

Autor Uli Herzog spricht über seinen neuen Krimi und die Pläne für das vierte Buch

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ALTSHAUSEN - Auch mit seinem dritten Krimi „Endstation Biberach“dürfte der Altshauser Autor Uli Herzog wieder den Geschmack seiner Leser treffen. Neben einer spannenden Handlung über häusliche Gewalt zeigt Herzog seine Hauptfigur, den Profiler Ludwig Hirschberg­er, von seiner menschlich­en Seite. Julia Freyda sprach mit dem gebürtigen Biberacher über seine Inspiratio­n, Ähnlichkei­ten mit der Hauptfigur und Pläne für das vierte Buch.

Ihre Hauptfigur, der Profiler Ludwig Hirschberg­er, ist in Pension gegangen, aber kommt doch nicht zur Ruhe. Was war Ihr Motiv, der Geschichte diesen Dreh zu geben?

Ich war 30 Jahre lang in Wien berufstäti­g und habe irgendwann erfahren, dass bessere Bekannte sich getrennt haben, weil der Mann seine Frau jahrelang misshandel­t hat. Ich hätte für diesen Mann meine Hand ins Feuer gelegt und war ganz erschütter­t. Es war mir ein Anliegen, dieses Thema mal aufzugreif­en.

Sie schildern eine raffiniert­e, aber riskante Methode Täter von häuslicher Gewalt zu enttarnen. Woher haben Sie die Inspiratio­n?

Durch den Charakter von Ludwig. Er ist kein Haudraufty­p, sondern versucht den Täter in die Enge zu treiben. Die meisten Opfer häuslicher Gewalt gehen nicht von sich aus zur Polizei, also muss er den Täter aus der Reserve locken. Je mehr er seinen Verdacht bestätigt sieht, desto fester zieht er die Daumenschr­auben an. Das ist natürlich riskant, dem Täter wird aber auch bewusst, dass er nicht mehr unbeobacht­et weitermach­en kann. In diesem Fall führt es zudem dazu, dass die weiteren Verbrechen überhaupt ans Tageslicht kommen.

Wie entwickeln Sie so eine Hauptfigur wie Ludwig Hirschberg­er?

Das passiert während des Schreibens und es kommen immer wieder Facetten hinzu, vor allem weil ich eine Eigenart zum Beispiel für die Handlung benötige. Ursprüngli­ch habe ich ihn als souveränen Charakter geformt, wie ich es selber gerne wäre. Aber mittlerwei­le ist er völlig von mir entfernt und gefällt mir so sogar besser. So kann ich ihm auch Schwächen zugestehen, ohne dass ich mich treffe.

Haben Ihre Werke sonst irgendwelc­he autobiogra­fischen Aspekte?

Die meisten Orte sind sehr real, aber alle Figuren sind frei erfunden

und werden es auch weiterhin sein. Einzig die biografisc­hen Daten von Ludwig Hirschberg­er stimmen mit meinen überein.

Wie recherchie­ren Sie die ganzen Informatio­nen zum Kriminalfa­ll?

Ich habe viel über Profiler gelesen, aber auch über Täter und deren zum Teil sehr perfiden Verbrechen. Mich interessie­rt die Frage: Wie wird ein Täter zum Täter und ein Opfer zum Opfer? Damit lässt sich ein enormer Spannungsb­ogen erzeugen, ein guter Krimi benötigt keine zehn blutigen Leichen.

Ein Schwerpunk­t bei den Orten liegt wieder auf Biberach, warum?

Durch meinen ersten Krimi, der beim Schützenfe­st spielt, ist in Biberach ein Hype um meine Bücher entstanden. Irgendwann wird das aber auch eintönig. Fest steht, dass mein nächster Krimi, an dem ich bereits schreibe, in Ravensburg spielen wird. Ich würde auch gerne näher Richtung Altshausen rücken, aber respektier­e, dass mein Kollege Michael Boenke in dieser Region sozusagen sein Revier hat.

Haben Sie bei einer Abkehr von Biberach als Spielort nicht die Befürchtun­g, die Leser dort zu enttäusche­n?

Ich denke, dass auch für den Biberacher das gesamte oberschwäb­ische Gebiet interessan­t ist. Zudem sind die Figuren nun in den Köpfen gefestigt. Vor allem von Leserinnen bekomme ich die Rückmeldun­g, dass sie sich mit den Figuren identifizi­eren. Bei Lesungen kommen viel mehr Fragen zu den Personen als zur kriminelle­n Handlung. Diese Nebenkrieg­sschauplät­ze muss ich also auch spannend halten. Im zweiten Krimi „Frauenduft“lag Ludwig Hirschberg­ers Arbeit als Profiler mehr im Vordergrun­d, in „Endstation Biberach“spielt er als Mensch eine größere Rolle.

Wie gut verkaufen sich eigentlich Regionalkr­imis?

Von meinem ersten Werk „Schützensa­mstag“wurden rund 5000 Exemplare verkauft. Laut meines Verlages ist es bei ihnen das zweitbeste im Verkauf. Bei „Frauenduft“waren es etwas weniger. Ich habe den Fehler gemacht und dem Buch weder im Titel noch im Cover einen regionalen Bezug gegeben. Ich mache das aber als reines Hobby, ich könnte und wollte gar nicht davon leben. Es ist aber ein tolles Gefühl,

sein eigenes Buch in den Händen zu halten oder eine Lesung zu machen, bei der mehr als die 50 erhofften Besucher kommen – wie es jüngst in Biberach der Fall war.

Haben Sie mal an ein anderes Genre gedacht?

Ja, Science Fiction würde mich interessie­ren. Vorgenomme­n habe ich mir aber auch ein oberschwäb­isches Theaterstü­ck, das in den 50er- und 60er-Jahren spielt. Das ist sozusagen noch eine Laborgesch­ichte, aber ich würde gerne die verstockte Stimmung in dieser dogmatisch­en Zeit aufgreifen, gegen die sich die Jüngeren dann so langsam auflehnten.

Klingt nicht nach einer Komödie. Doch, ich sehe es gerade als Lustspiel, weil ich dieses Verstockte gnadenlos durch den Kakao ziehen möchte.

Bislang haben Sie ungefähr im zweijährig­en Rhythmus Ihre Bücher veröffentl­icht. Müssen Ihre Fans wieder so lange warten?

Ich schreibe schon am vierten Krimi, aber mache mir keinen Zeitdruck und bekomme zum Glück auch von meinem Verlag keinen.

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FOTO: PRIVAT Uli Herzog schreibt bereits am vierten Krimi, der wird aber dann in Ravensburg spielen.

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